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Das neue Mietrecht kommtFassade gedämmt, Mieter vertrieben

Ab dem 1. Mai werden energetische Modernisierungen für Hauseigentümer leichter. Danach drohen Mieterhöhungen, die zur Vertreibung führen können.

Die Vertreibung von nicht so zahlungskräftigen Mietern wird künftig einfacher. Bild: dpa

BERLIN taz | Sie sind der Albtraum tausender Mieter, die noch in Häusern ohne Fassadendämmung, Isofenster und Aufzüge leben: Modernisierungen, die als wohnwertverbessernde und energiesparende Maßnahmen daherkommen, am Ende aber Mieterhöhungen zur Folge haben, die Bewohner aus ihren Kiezen treiben.

Mit dem neuen Mietrecht, das am 1. Mai in Kraft tritt, werden solche baulichen Maßnahmen für die Vermieter erleichtert. Der Bundestag hatte die Reform mit den Stimmen von Union und FDP im vergangenen Dezember beschlossen.

„Die Novelle ist eine Aufweichung des Mietrechts unter dem Vorwand der Klimapolitik“, rügt Ingo Egloff, Mietrechtsexperte der SPD im Bundestag. Mit den Neuregelungen können Mieter in den ersten drei Monaten keine Mietminderung mehr wegen Lärm, Dreck oder Verdunkelung geltend machen, wenn es sich um eine energetische Sanierung handelt.

Diese Unterscheidung halten viele Kritiker für praxisfern. „Oft werden doch mehrere Maßnahmen gleichzeitig durchgeführt“, so Egloff. „Wer eine Fassade dämmt, wird vielleicht gleichzeitig auch die Bäder modernisieren. Kann der Mieter dann Mietminderung geltend machen oder nicht? Das wird die Gerichte beschäftigen.“

Bewohner fürchten zudem Mieterhöhungen nach den Sanierungen. Von den Kosten, die sowohl durch energetische als auch andere Maßnahmen anfallen, kann der Vermieter als „Modernisierungsumlage“ nach wie vor 11 Prozent auf die Jahresmiete umlegen, anteilig für jede Wohnung.

Die Änderungen

Mit dem ab 1. Mai geltenden neuen Mietrecht können Bewohner in den ersten drei Monaten der Umbaumaßnahmen die Miete nicht mehr mindern, wenn es sich um eine "energetische Sanierung" handelt.

Hat der Eigentümer die Modernisierung angekündigt, kann der Mieter sie ab sofort nicht mehr schon im Vorfeld mit Verweis auf einen wirtschaftlichen „Härtefall“ blockieren. Darüber wird erst nach der Modernisierung verhandelt. Die wirtschaftliche Härte muss der Mieter aber trotzdem frühzeitig anmelden.

Klagt ein Eigentümer wegen nicht bezahlter Mieten auf Räumung, muss der Bewohner das Geld für die offenen Mieten auf einem Sonderkonto hinterlegen, bis ein Urteil kommt. Kann er das nicht, darf der Eigentümer die Wohnung im Eilverfahren räumen lassen.

Mit dem neuen Gesetz können die Länder stark nachgefragte Wohngebiete ausweisen. In diesen dürfen die Bestandsmieten innerhalb von drei Jahren nur noch um 15 Prozent steigen – im Rahmen des Mietspiegels. Bislang waren es 20 Prozent. (bd)

Dies bedeutet, dass der Hausbesitzer nach etwa neun Jahren die Sanierungskosten wieder drin hat. Bezahlt durch die Mieter.

Neun-Prozent-Deckelung

„Tatsächlich ist es nicht selten, dass gerade die energetische Sanierung in begehrten Wohnlagen zu Mieten führt, die bis zu 50 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen, dem Mieter aber nur deutlich geringere Einsparungen bei den Energiekosten bringen“, heißt es in einem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion für „bezahlbare Mieten in Deutschland“.

Der Deutsche Mieterbund fordert, die Umlage von 11 Prozent der Modernisierungskosten „ersatzlos zu streichen“. Stattdessen sollte im Rahmen einer ortsüblichen Vergleichsmiete die energetische Qualität der Wohnung für die Bestimmung der Miete mitentscheidend sein, erklärte Mieterbund-Präsident Franz-Georg Rips.

SPD und Grüne befürworten die Absenkung der Modernisierungsumlage auf 9 Prozent, die Linke auf 5 Prozent pro Jahr. Doch schon der SPD-Vorschlag ist der Immobilienwirtschaft zu viel.

Der Vorsitzende der Bundesvereinigung Spitzenverbände der Immobilienwirtschaft (BSI), Axel Gedaschko, drohte umgehend das „Ende für die energetische Sanierung“ an, käme die SPD mit ihrer Neun-Prozent-Deckelung an die Macht.

Die große Vertreibung

Nach einer Statistik des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) waren 2011 etwa ein Drittel der Wohnungen in den Mitgliedsfirmen vollständig energetisch modernisiert. Millionen von Mietern drohen somit noch Sanierungen, deren Folgen sie aus dem Haus treiben könnten.

Nicht selten ist dies vom Investor intendiert: Ziehen die Bewohner aus, kann er bei Neuvermietungen den Mietpreis frei verhandeln oder die leeren Räume als Eigentumswohnung teuer verkaufen. „Ein solcher Fall ist ein Missbrauch der energetischen Sanierung“, sagt Egloff.

Finazielle Härtefälle

Die Bewohner können allerdings eine finanzielle „Härte“ geltend machen und nach Modernisierungsmaßnahmen gegen die Mieterhöhung protestieren. Der „Härtegrund“ ist jedoch ausgeschlossen, wenn die Wohnung durch den Umbau nur dem gängigen Standard angepasst wurde, also dem Level, das etwa zwei Drittel der Wohnungen im jeweiligen Bundesland haben.

Wenn die Miete nach der Modernisierung auf deutlich mehr als 30 Prozent des Mietereinkommens ansteigen würde und dieses schon in der Nähe des Existenzminimums läge, wenn der Mieter zudem über kein nennenswertes Vermögen verfügt, dann hat er oder sie Chancen vor Gericht, dass die Mieterhöhung als finanzielle Härte gilt.

Das Amtsgericht Hamburg etwa urteilte 2009, dass eine Bewohnerin den Anbau eines zweiten Balkons und die damit verbundene Mieterhöhung nicht dulden müsse. Sie zahlte von ihrem Nettoeinkommen von 1.300 Euro bereits 40 Prozent, nämlich 518 Euro, für die Warmmiete. Eine weitere Erhöhung hätte eine „besondere Härte“ bedeutet.

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29 Kommentare

 / 
  • F
    Friedrich

    @Irmi

     

    In einem solchen Fall läge eine soziale Härte vor mit der Folge, dass die Mieterhöhung wesentlich geringer ausfällen dürfte.

     

    Bei Fachleuten informieren! Mietrecht ist kompliziert!

  • I
    Irmi

    Fassade gedämmt, Bad modernisiert Miete für eine 40 qm Wohnung statt wie bisher 150 € warm nun 600 € kalt ist ein qm Preis von 15 € in München, also kommen noch 100 € dazu Nebenkosten, plus Strom, Telefon.

     

    Jetzt hat jemand die enorme Rente von 810 € wie soll er da noch leben können ?

     

    Als Ehepaar stünden einem 60qm zu. Die kann in München kein Mensch mehr bezahlen. Das Nächste von den Sozialämtern umziehen in eine billigere Wohnung. Wo man die findet sagt einem keiner.

     

    Oder alleinstehende Frau lebt in einer frisch sanierten Wohnung mit 60 qm. Das Amt verlangt jetzt von ihr sie soll sich eine kleinere Wohnung nehmen. Wie, die sind nicht billiger, aber das Amt setzt das Gesetz durch, ein Alleinstehender habe nur auf 40 qm Anspruch. Zahlt das Amt dann die teurere Wohnung und den Umzug.

     

    Es ist so irre, wie man in Deutschland mit Menschen umzugehen pflegt, das nennt sich dann christlich sozial oder demokratisch.

  • KM
    Karl Marx

    @ Karl Markt

    Die Mieten steigen z.B. in Berlin trotzdem, und zwar ordentlich. Solche Sachen dienen nun mal als Vorwand die Miete stärker zu erhöhen, als es sonst zulässig wäre. Gehen die Altmieter, ist das, erstmal, um so besser.

     

    Das dann irgendwann die Nachfrage wegbricht, ist klar. Nur wann? Und wieviele Leute sind bis dahin "umgesiedelt"?

    Außerdem wird zusehends (Lebens)Wohnraum zu Ferienwohnraum umgewandelt. Auch praktisch, wenn die Altmieter weg sind. Aber vom Kleinen zum Großen:

     

    Irgendwo muss das überakkumulierte Kapital ja hin. Denn der Staat tut z.b. mit der "Rettung von Griechenland"(also der Retunng der Gläubiger Griechenlands) eine Menge dazu das "der Markt" eines nicht tut: Eine längst überfällige Vermögensvernichtung...

     

    Das gesamtgesellschaftliche Kapital (Nachfrage) ist zu groß für die global vorhandenen profitabelen Investitionsmöglichkeiten (Angebot) geworden. So lange dies Problem nicht behoben ist, werden nun Blase auf Blase, Krise auf Krise folgen, in welcher Form von "faulen Anleihen" auch immer, ob DotCom-Aktien, Immobilien oder Staatsanleihen...

  • F
    Fritz

    Die KfW soll ja in einem ersten Gutachten behauptet haben, dass sich die Wärmedämmung finanziell nicht rechne. Mich überzeugt das Dementi wenige Tage später nicht, weil die Kosten für die Dämmung von Neubauten (weil gesetzlich vorgeschrieben) und die Kosten ohnehin notwendiger Modernisierungen herausgerechnet werden (nachzulesen bspw. im SPIEGEL).

  • F
    Fritz

    " nach etwa neun Jahren die Sanierungskosten wieder drin "

     

    Das ist Unsinn. Der Vermieter kann faktisch nur einmal den Modernisierungszuschlag auf die Miete aufschlagen. Bei der nächsten Erhöhung auf die ortsübliche Miete entfällt der Modernisierungszuschlag und die Wertverbesserung der Wohnung ist im Wege der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berechnen. Die Modernisierung bildet sich dann also nur noch in der Vergleichsmiete ab.

  • F
    Fritz

    " nach etwa neun Jahren die Sanierungskosten wieder drin "

     

    Das ist Unsinn. Der Vermieter kann faktisch nur einmal den Modernisierungszuschlag auf die Miete aufschlagen. Bei der nächsten Erhöhung auf die ortsübliche Miete entfällt der Modernisierungszuschlag und die Wertverbesserung der Wohnung ist im Wege der ortsüblichen Vergleichsmiete zu berechnen. Da alle Wohnungen (teilweise kraft gesetzl. Verpflichtung) derartige Modernisierungen erfahren, bildet sich die Modernisierung nur noch in der Vergleichsmiete ab.

  • HL
    Hans Lachmann

    Herr Wiesensohle hat einen interessanten Gedanken geäußert - und wenn man an den Kraftstoffmarkt denkt, muss man ihm erst recht Recht geben: Wenn die Nachfrage sinkt (wie beim Benzin zeitweise), setzen die Konzerne kraft ihres Oligopols einfach höhere Preise durch, um auf ihre Renditen zu kommen. Insofern, und das ist das Traurige, lohnen sich sparsamere Fahrzeuge nur individuell, und zwar nur so lange, wie es genügend Spritschlucker gibt. Anders gesagt: Hätten wir wirklich das Drei-Liter-Auto, würde der Sprit schon 4 oder 5 Euro kosten. Für die Umwelt wäre das zwar sicher gut, aber der Verbraucher zahlt so oder so drauf. Wenn keiner was dagegen macht.

  • GV
    gerecht verteilen

    traurig finde ich hier, dass der öffentlich gemachte Lösungsansatz von Mietervereinen und Umweltverbänden, eine Drittelung der Kosten zu organisieren, von der Politik und den Medien immer wieder totgeschwiegen wird.

     

    Die Aufteilung soll erfolgen zwischen

    - Hauseigentümer (profitiert von Wertsteigerung der Immobilie)

    - Mieter (spart Heizkosten und gewinnt Wohncomfort)

    - und Staat (Haushalt wird durch mehr Arbeitsplätze beim Bau und Steuereinnahmen entlastet)

     

    Mir kommt das so vor, als wolle die Regierung die Karre mal wieder asichtlich vor die Wand fahren und nur Stimmung schüren ...

  • IW
    In was für einem Land wollen wir leben?

    Es birgt ganz erheblichen sozialen Sprengstoff wenn grundlegende menschliche Bedürfnisse wie bezahlbarer Wohnraum einseitig den Interessen von Miethaien und Spekulanten geopfert werden.

     

    Wollen wir in Deutschland wirklich Trailerparks wie in den USA? Oder Slums mit zehntausenden Bewohnern wie in Spanien?

     

    Zum Thema Dauercamping in Deutschland hier ein Link zu einer aufschlussreichen Doku:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=H1yc4gBu1kU

     

    Und eine weitere Doku zu Europas größtem Slum in Spanien:

     

    http://www.youtube.com/watch?v=_hCy1xe49bE

  • W
    Wiesensohle

    Das Problem ist, daß sich dieses ganzen Sanierungen finanziell nicht lohnen und nicht lohnen können. Denn: Der Energiemarkt funktioniert ökonomisch paradox, weil ein de-facto-Kartell herrscht. Sinkt die Nachfrage, steigen die Preise, damit die Energieversorger ihre Gewinne stabil halten können.

  • KM
    Karl Markt

    Einige zeichnen hier das Bild einer Immobilienblase und rechnen damit, dass es bald keine Mieter mehr für die teuren Wohnungen gibt.

    Das mag tatsächlich so sein, aber genau hier springt der ein, der so etwas schon immer geregelt hat und bei der typischen TAZ-leserschaft nicht sonderlich beliebt ist: Der Markt. Gibt es ein Überangebot und/oder bricht die Nachfrage weg, sinkt der Preis, d.h. ist der Vermieter gezwungen mit den Mieten runter zu gehen, um überhaupt noch einen Mieter zu finden. Das ist doch wunderbar für die Mieter!

    Im Prinzip ist das auch heute schon eher der Normalfall in Dtl. (nicht sinkende, aber zumindest stagnierende Mieten). In Chemnitz, Suhl, Eisenhüttenstadt oder Castrop-Rauxel kann ich noch so viel energetisch sanieren, die Mieten kann ich nicht sonderlich erhöhen, weil mir dann die Nachfrage wegbricht. Bei solchen Themen immer die Sonderfälle (begehrte Innenstadtlagen in großen Metropolen) exemplarisch darzustellen ist billiger Populismus. Deutschland ist nicht gleich Kollwitzplatz. Die Immobilienpreise und Mieten für die meisten Deutschen erleben kaum dramatische Bewegungen (seit Jahrzehnten).

  • KS
    Kurt Schieler

    Die Mieterhöhungen müssen in staatlich begrenzt werden.

  • A
    aujau

    @Supi & Stratege: Ob die Geldgierigen unter den Vermietern schlau genug sind, wenigstens nachhaltige Daemmstoffe statt Styropor zu verwenden? Wenn nicht, koennen sie naemlich bald nach der Daemmung alles wieder abreissen...

  • JB
    Jim Becker

    Ist euch schon aufgefallen das es besonders im von den Grünen regierten Kreuzberg mit den Meiten steil nach oben geht???

    Mir schon!

    Ich habe (schon als ich noch in Kreuzberg wohnte) immer gesagt die Grünen sind eine verlogene, kapitalistische Gangsterpartei!

    Aber hat man auf mich gehört?

    Nein!

    Die dümmsten Kälber wählen ihren Schlächter selber!

    Die Kreuzberger haben die Grünen Betrüger gewählt und jetzt gehen die Preise dort steil nach oben!

  • G
    Gregor

    Deshalb mache ich keine neuen Wärmedämmungen für meine geerbten Wohnungen....und alle sind glücklich.

  • R
    Rellüm

    Die Mieter werden "vertrieben", ja wohin denn? Aber keine sorge die Marktwirtschaft regelt schon alles von selbst !

  • J
    Josef Švejk

    " nach etwa neun Jahren die Sanierungskosten wieder drin "

     

    Tschuldigung, die Formulierung ist aber nicht seriös. Vor dem Kapitalrückfluß bitte die Verzinsung abziehen.

    .... Oder wo bekommt man Kredite für Null Prozent her?

     

    Die Frage, ob das Styropor seinen Zins wert ist, ist allerding legitim. Wieviel Gas - in Euro ausgedrückt - wird denn nun wirklich gespart?

     

    Interessant ist, daß die taz sich dieser Frage öffnet.

    Schlägt hier das linke Herz gegen das grüne?

     

    Sind da demnächst noch weitere Interessantheiten zu erwarten?

  • M
    magy

    Der deutsche Staat gibt per Gesetz dem Mietwucher noch mehr freie Bahn.

     

    Jetzt wird es noch schlimmer für Rentner, die den Umweltwahnsinn der Parteien zahlen müssen, der nichts bringt, der nur Geldmacherei ist für Vermieter, für Steuereinnahemen an den Staat, der sich immer mehr einfallen läßt den Bürger abzuzocken.

  • DD
    Dämmt doch endlich die Politik ein

    Auch die Privatisierung des Wassers haben CDU und FDP letztens durchgewinkt, dann die GEZ-Zwangsabgabe...

    Wie lange sich das die Bevölkerung wohl noch gefallen lässt?

  • FB
    Florian Besser

    Jaja, jetzt sind die Ökos wieder schuld, dass die Mieten steigen. Sind die Horrormeldungen vom Winter, von hundertausenden Haushalten in "Energie-Armut", schon wieder vergessen? Das Problem sind nicht zu viele, sondern zu wenige energetische Sanierungen. Das Problem sind nicht energetische Sanierungen, die Nebenkosten sparen, sondern Luxussanierungen, wie ein "modernes Bad", auf das viele Menschen gerne verzichten würden.

  • H
    heinzl

    Ich bin einer dieser herzlosen Vermieter-Kapitalisten, die den Mietern den letzten Cent aus der Tasche pressen und mit Luxussanierungen der Gentrifizierung Vorschub leisten. Tatsächlich sind meine Immobilien meine Altersvorsorge. Als Selbständiger bleiben sonst nicht allzuviele Alternativen offen.

     

    Ich muss dafür sorgen, dass die Immobilie zumindest ihren Wert bewahrt, jedes Jahr investieren, Mietausfälle kompensieren und den Ansprüchen der Mieter gerecht werden.

     

    Wenn ich mir dann erlaube, den Mietzins anzupassen bin ich der Buhmann. Sogar wenn ich energetisch modernisiere (was in der Tat auch von Mietern gefordert wird) darf ich bloß nicht meine Kosten weitergeben?

     

    Ich bin kein herzloser Kapitalist aber auch kein Sozialromantiker. Immobilien sind für mich eine Investition in die Altervorsorge und kein soziales Wohnprojekt.

  • KM
    Karl Marx

    Dazu auch interessant:

     

    "Nun offiziell: Bundesbank warnt vor Immobilien-Hype in deutschen Großstädten

     

    In sieben deutschen Großstädten kam es in den vergangenen Monaten zu einem massiven Anstieg der Immobilienpreise. Die Bundesbank sieht deshalb erste deutliche Anzeichen einer Immobilienblase in Deutschland."

     

    http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2012/11/15/nun-offiziell-bundesbank-warnt-vor-immobilien-hype-in-deutschen-grossstaedten/

     

    "Nur ca. 2 Bio. US-Dollar fiktiven Kapitals wurden laut Financial Stability Board real abgeschrieben und damit vernichtet – bei einem Bestand von geschätzten 200 Bio. $ privat-gehaltener Geld-/Finanzvermögen.

    [...]

    Der Tendenz zur Überakkumulation wurde begegnet, indem neben der ständigen Verfeinerung der Finanzmarktinstrumente und -strategien, die Suche nach neuen Verwertungsmöglichkeiten [...], die Reproduktion der Arbeiterklasse immer umfassender zum einem unmittelbaren Bestandteil der Kapitalverwertung zu formen, immer neue (Konsum)Bedürfnisse zu schaffen, vom Flachbildschirm bis zum Eigenheim. Erheblich dazu beigetragen haben nicht zuletzt Finanzinnovationen zur Integration der Arbeiterklasse in Kreditverhältnisse: über die Einführung und Ausweitung von Ratenzahlungen, Konsumentenkrediten, Hypotheken- und Bausparkrediten mit entsprechenden staatliche Förderungen, der Erfindung der Kreditkarten oder der Privatisierung der Rentenversicherung (auf Kapitalbasis) – oder eben die sog. Sub-Prime-Kredite. All diese Strategien haben nicht verhindert, dass sich eine immer größere „Plethora des Kapitals“ (Marx, MEW 25, 261) aufbaut, von überakkumuliertem Kapital, für welches es an ausreichenden Investitions- und Verwertungsmöglichkeiten mangelt und „dadurch auf die Bahn der Abenteurer gedrängt: Spekulation, Kreditschwindel, Aktienschwindel, Krisen“ (ebd.)."

    http://ifg.rosalux.de/2011/02/28/uberakkumulation-fiktiven-kapitals-%E2%80%93-75-off-now/

  • EL
    Eisbär Lars

    Wer das Weltklima retten will, muss auch mal vor der eigenen Haustür beginnen und bereit sein, persönliche Opfer zu bringen.

  • J
    jfsebastian37

    Ja und?

    Wie sollen denn bitteschön die Renovierungen bezahlt werden? Es kann doch nicht sein, dass die Mieter funktionierende Wohnungen erwarten, aber gleichzeitig davon ausgehen, dass der Vermieter die dafür notwendigen Renovierungen aus eigener Tasche bezahlt. Und nicht jeder Vermieter ist ein Spekulant, sondern viele sind schlicht und ergreifend auf die Mieteinnahmen angewiesen um die Wohnung überhaupt wohnfähig zu halten. Solche polarisierenden Artikel helfen wirklich nicht weiter. Und ab davon sind energiesparende Investitionen sehr wohl sinnvoll - in welche Ecke verrennt ihr Euch denn hier - Einfachverglasung und damit das Weltall heizen, oder wie??

    Cheerio

    JF

  • F
    FaktenStattFiktion

    Es fehlt de böse Hexe - dies ist schließlich eine Märchengeschichte.

    Tatsächlich werden Eigentümer quasi zur energetischen Sanierung verpflichtet, während die Mieter hierfür auch noch die Miete mindern konnte!

     

    Rechtlose Vermieter, tendenziöse Berichterstattung.

    Kein Wunder, wenn kein neuer Wohnraum entsteht.

  • S
    Stratege

    Die Immobilienwirtschaft sollte sich auf einen "Miet-Bevölkerungsrückgang" einrichten. Wenn die energetische Sanierung auf breiter Front weiter vorangetrieben wird, werden auch viel mehr Normalverdiener zu Härtefällen.

     

    Es ist nur noch eine Frage der Zeit - wann zu teure Wohnungen nicht länger vermietbar sind. Die Besserverdiener sind längst in besseren Wohnlagen untergebracht und werden nicht in andere neusanierte Wohnungen umziehen.

     

    Energetisch sanierter Leerstand droht als Menetekel für Investoren.

     

    Zudem: der wachsende Sterbeüberschuß wird vor allem bei älteren Mietern zum "neuen Vermieterproblem".

    Wohnungen die gerae noch zu Zweit bezahlbar sind, werden bei Tod eines Partners zur unbezahlbaren Wohnung für den länger lebenden Partner.

     

    Und dann kommt auch noch bis 2030 eine Welle der Altersarmut auf die Vermieter zu, weil vor allem Frauen mit niedrigen Renten länger leben, als die Männer.

     

    Es kann nur einen Rat geben:

    So schnell wie möglich aus unsicheren Anlagen heraus.

     

    Die Politik sollte für arme Mieter ein Gensossenschaftsförderungsprogramm auflegen - denn nur die dritte Eigentumsform bietet soziale Sicherheiten. (Übrigens auch für die Bank!)

  • EL
    Ernst Lehmann

    Die taz schreit Halter den Dieb! die grüne Revolution frisst ihre Kinder...

  • M
    Michel

    Wie sieht die Umkehrung aus: Renovierungen / Sanierungen bleiben aus, Mieten bleiben stabil, Gebäudesubstanz verfällt kontinuierlich, Wohnstandard sinkt auf bedenkliches Niveau, Mietminderung wird wegen mangelnder Sanierung geltend gemacht.

    Welcome back in the GDR.

  • S
    Supi

    Da wird man noch gucken müssen, ob sich die beschriebenen Praktiken, der, nennen wir es mal Öko-Gentrifizierung für die Eigentümer auf Dauer überhaupt lohnt.

     

    Zunächst darf man sich fragen, ob es in D-Land nicht gerade eine Immobilienblase gibt, weil Grund-und-Boden dem Inflationsphobiker als eine der letzten sicheren Anlagen gilt und gleichzeitig das Tagesgeldkonto des Bürgers keine Prozente mehr abwirft. Wohin also mit dem Schotter? Vermieter werden!

     

    Aber dann: Platzt nach ein paar Jahren die mutmaßliche Blase und die Investition amortisiert sich nicht so schnell wie erhofft? Massenhaft teuer saniert und dann gibt es nach 20 Jahren, wegen demographischem Wandel und Umverteilung von oben nach unten nicht mehr genug "gentry", um die Luxuswohnungen noch zu befüllen?

     

    Später lachen ist auch gesund.