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Sächsische Kleinstadt ohne PunkVorauseilende Konzertabsage

Mit schlichtem Punk spielen „Feine Sahne Fischfilet“ gegen Cops und Nazis. Die Stadt Riesa will sie nicht auf dem Stadtfest. Aus Angst vor Nazis.

Feine Sahen Fischfilet mag es laut und bunt: Neulich beim Resist to Exit Festival. Bild: imago/future image

Wenn Holger Apfel Grund zur Freude hat, heißt das nichts Gutes. Auf Facebook freut sich der NPD-Vorsitzende, dass die Punkband Feine Sahne Fischfilet nun doch nicht auf dem Stadtfest im sächsischen Riesa spielt. Oberbürgermeisterin Gerti Töpfer (CDU) hatte deren Konzert untersagt.

Die Riesaer Stadtverwaltung hatte Ende vergangener Woche „nach eingehender und gründlicher Beratung entschieden“, dass „die Band nicht auftreten soll“. Die offizielle Begründung für die Absage des Auftritts der antifaschistischen Punkband: Man könne hohe Aggressivität und Gewalt nicht verhindern.

Im Klartext heißt das Verdikt wohl eher: Man hat Angst, dass die örtlichen Nazis versuchen, das Konzert anzugreifen – und knickt vorsorglich vor ihnen ein. Oder man akzeptiert schlicht deren Einfluss in der Region: „Die lokale Politik scheint Angst davor zu haben, den Nazis zu sehr auf die Füße zu treten“, sagt Artur Schock vom Label Audiolith, bei dem die Mecklenburger Punks ihre Musik veröffentlichen.

Immer wieder abgelehnt

Feine Sahne Fischfilet aus Greifswald und Rostock singen gegen Cops, gegen Nazis und gegen reaktionäre Kräfte in Deutschland, sie spielen schlichten Punk mit kämpferischen Inhalten, wie es sie es etwa bei Slime schon gab. Mit der fragwürdigen Begründung einer „explizit-antistaatlichen Haltung“ wurden sie 2011 bereits im Verfassungsschutzbericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern als „extremistisch“ gelistet.

Das in Riesa ansässige NPD-Organ Deutsche Stimme und die Partei selbst hatten auf den Auftritt der Band, der vom Kulturwerk Riesa gebucht wurde, aufmerksam gemacht – und mit Flugblattaktionen dagegen gedroht. Mittlerweile begrüßt auch die regional führende Sächsische Zeitung die Absage des Konzerts in ihrem Lokalteil.

Und auch der sächsische Verfassungsschutz warnt jetzt vor der Band. Wie das dortige Landesamt die Gefährlichkeit der Band begründet, ist bemerkenswert. In einem Schreiben an das Kulturwerk Riesa, das der taz vorliegt, wird etwa das Verwenden des Logos „Good Night White Pride“ seitens der Band als extremistisch beschrieben. Das Logo zeigt einen auf einen Faschisten eintretenden Mann – mit dem Logo wollen sich linke Subkulturen deutlich vom neonazistischem Gedankengut distanzieren.

Lächerlich? Eher gefährlich

Es könnte einem nur lächerlich vorkommen, welche Exempel an der Band statuiert werden – stünde nicht eine gefährliche, antidemokratische Haltung hinter der Bekämpfung der Band. Eigentlich eine Haltung, wie man sie der Band selbst vorwirft.

Dirk Hauboldt vom Kulturwerk, der Feine Sahne Fischfilet zunächst gebucht hatte, sagte: „Ich dachte, ich handle im Sinne des ’Riesaer Appells‘“. Der – auch von Bürgermeisterin Töpfer unterzeichnete – Riesaer Appell ist ein 2010 ins Leben gerufenes Manifest gegen neonazistische Strukturen in der Region.

Ein Statement des Parteilosen Thoralf Koß, der für die Grünen im Stadtrat sitzt, zeigt hingegen, wie sehr solche Aufrufe auch an der Realität vorbeigehen können. Er hatte die Absage an die Band ebenfalls begrüßt: „Ein Stadtfest ist dazu da, die Bürger zu unterhalten, ihnen Freude zu bereiten, keinen Frust. Und vor allem ist es keine politische Kampfbühne.“

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15 Kommentare

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  • G
    golm

    Schon ein seltsames Land, dieses Deutschland: Sind die Liedtexte frauenfeindlich, bekommt man vor erlesenem Publikum den Integrationsbambi, sind sie hingegen nazifeindlich, gibts eine Ausladung.

  • Wieder ein bemerkenswerter Erfolg für die `sächsische Demokratie´ - und ein weiteres Armutszeugnis über den desolaten Zustand der Demokratie in Sachsen. Erbärmlich!

     

     

     

    Nichts desto trotz hat dieses skandalöse Einknicken vor neonazistischen Hegemoniebestrebungen auch etwas Gutes: Es werden bestimmt wieder Geschenkkörbe verteilt!

     

     

     

    http://www.youtube.com/watch?v=f-Ho2B9OjoI

  • 0
    03AHJ_VutkbVL9rqjygm0XWdOEw8PWwpz500JsRtq9_Uh2N3J03g79DsX3Jw1OsGpRZt1HbAZgSceUUqCjWN83zfJRpJ5DxY-MRWnvdRI4KcicNuniJVaE_Yj6sPRqLplP8jRpugZXfwFo

    "Sächsische Kleinstadt ohne Punk" - Für ungeübte Ohren klingt das wie "Dort sollte man mal Urlaub machen" oder "Eine ganze Stadt frei von schlechter Musik" oder "Eine Stadt wehrt sich erfolgreich gegen Linksextreme".

  • Heißt das jetzt, dass die Nazis in Riesa auf dem Stadtfest gern gesehene Gäste sind, die man auf keinen Fall vergraulen möchte?

     

     

     

    Sind die VIP-Tribünen für die NPD-Mitglieder denn auch ordentlich gepolstert? Die braunen Hinterteile sollen ja so schrecklich empfindlich sein.

     

     

     

    Wird Gerti Töpfer die Braunen angemessen mit einem "Deutschen Gruß" empfangen?

  • B
    Brennessel

    Das Logo stammt aus der Hardcoreszene, die sich damit gegen die Unterwanderung durch Rassisten und Faschisten zur Wehr setzt. Und was soll das mit Tolleranz? Wer Hass säht, erntet eins auf die Fresse. So seh ich das.

  • M
    Matis

    Als ich dies las wurde mir schlecht.

     

     

     

    In letzter Zeit schafft es dieser Staat immer wieder, dass ich mich fürchterlich elend fühle.

     

     

     

    Gewaltverherrlichung verbieten?

     

     

     

    Warum nicht gleich auf einen Schlag sämtliche Blockbuster, Rap-Bands und Kampfsportarten, etc. dazu?

     

     

     

    Nur die Nazis...

     

     

     

    Sieht denn niemand mehr, wo die wahre menschenverachtende, lebenszerstörende Ideologie dahinter steht?

     

     

     

    Der Verfassungsschutz und Neonazis verhalten sich scheinbar wie Frankenstein, der auf sein Monster acht gibt...

  • F
    Fritz

    Riesa liegt in Sachsen. Da wo Pfarrer die Demos gegen die Braunen organisieren, mit einem Bein im Knast stehen. Failed State halt. Sollte man aus der Bundesrepublik ausschliessen.

  • H
    Hans

    Ich kann mich noch an den Versuch erinnern, das durchgestrichene Hakenkreuz zu kriminalisieren:

     

    http://de.wikipedia.org/wiki/Verwenden_von_Kennzeichen_verfassungswidriger_Organisationen#Durchgestrichenes_Hakenkreuz

     

     

     

    Aber man muss ja nur die Frage stellen, wo Riesa ist und welcher Verfassungschutz da am Werk ist. Sachsen. Sächsische Justiz? Noch Fragen?

  • WI
    Wenn ich mal Opa bin

    Und in 30 Jahren fragen uns unsere Enkel:, "Warum habt ihr damals nichts dagegen unternommen, sondern nur geschwiegen?"

  • I
    IKKE

    Jetzt haben wir schon Angst vor Nazis - Soweit ist es schon, das wir uns verstecken müssen ................ armes Deutschland http://youtu.be/wk7YJfmQFDw?t=31s

  • U
    Uve

    "Es könnte einem nur lächerlich vorkommen, welche Exempel an der Band statuiert werden – stünde nicht eine gefährliche, antidemokratische Haltung hinter der Bekämpfung der Band. Eigentlich eine Haltung, wie man sie der Band selbst vorwirft."

     

    Es geht um Frei.Wild, oder?

  • K
    Kimme

    "Das Logo zeigt einen auf einen Faschisten eintretenden Mann"; Man ersetze Faschisten durch schwarzes Strichmännchen und Mann durch weißes Strichmännchen und man hat ein 1a rechtsradikales Symbol. Leider unterscheidet sich manche Gruppierungen der Linken immer weniger von Rechtsradikalen.

     

    Ich finde es schade, dass die Band nicht auftreten kann, aber gleiche Vorkommnisse gibt es unter umgedrehten Vorzeichen immer wieder. Wobei die Bands dabei in den seltensten Fällen tatsächlich der politisch rechten Szene zugeordnet werden könne - ein Verdacht irgendwelcher Spinner reicht da schon. Weniger Hysterie und mehr Tolleranz würde uns allen gut tun.

    • S
      Stefan
      @Kimme:

      "Wobei die Bands dabei in den seltensten Fällen tatsächlich der politisch rechten Szene zugeordnet werden könne"

       

       

       

      Doch, Kimme!

       

      Bands wie Kategorie C, Lunikoffverschwörung, Störkraft und wie sie alle heißen, sind Nazibands. Auch interessant, dass Du bei diesem Thema dann nebulös bleibst und keine genauen Namen/Vorfälle nennst.

       

      Und "Toleranz" schreibt man mit einem "L"...

    • @Kimme:

      Das Logo zeigt wie auf eine am Boden liegende Person eingetrten wird. Wirklich demokratietauglich ist solch ein Symbol nicht.

       

       

       

      Verbote von Gewaltverherrlichung müssen sich auch linke Gruppen gefallen lassen. Auch wenn es unverhältnismäßig ist, wenn dadurch ein ganzer Auftritt abgesagt werden muss.

    • @Kimme:

      Oder man ersetze das Logo durch einen Blumenkübel, schon hat man ein 1a Symbol für einen Blumenkübelladen.