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Suche nach IdentitätKann Europa Heimat sein?

Wer EU liest, denkt an ein Bürokratieungetüm in Brüssel. Aber verkörpert die Idee vom gemeinsamen Europa nicht auch viel Gutes?

Auf dem heimischen Balkon, aber auch in der EU Zuhause? Bild: like.eis.in.the.sunshine / photocase.de

Schon hängen an Laternenmasten die ersten Plakate, die Politslogans verbreiten, der Wahlkampf für die Wahl des Europaparlaments am 25. Mai hat begonnen. Und man ahnt schon jetzt, dass sie auf ein eher geringes Interesse stoßen wird. 2009, bei der letzten Wahl, lag die Wahlbeteiligung bei gerade mal 43 Prozent, für die kommende Wahl, so erwarten es Experten, könnte die Beteiligung noch geringer ausfallen.

Europa oder vielmehr die Europäische Union als gemeinsames Projekt hat ein schlechtes Image und wohl vor allem ein Vermittlungsproblem. Offene Grenzen, keine Zölle, Nationalstaaten, die mal tief verfeindet waren und heute Freunde sind - alles toll.

Aber überlagert wird das doch stets von dem, was als Bürokratiewahnsinn verstanden wird, als Regulierungswut: Die EU bestimmt, wie krumm Gurken sein müssen, wie farbig Äpfel zu sein haben, sie bläht Verordnungen auf und vereinheitlicht, was als liebevolle Eigenarten der diversen Länder gilt: die spanische Siesta ist da wohl das beste Beispiel. Darf man diese Pause am Nachmittag in einem auf Effizienz getrimmten Binnenmarkt überhaupt noch einhalten?

EU - ein schwieriges Thema für uns Europäer und Europäerinnen. Das belegen auch Zahlen, die die EU-Kommission zusammengetragen hat: Laut Eurobarometer fühlen sich nur 40 Prozent aller Menschen, die innerhalb der EU leben, als Bürgerinnen und Bürger der EU, 31 Prozent verbinden mit ihr nicht einmal ein positives Bild.

taz am wochenende

Kann die EU ein Zuhause sein? Ja, finden Silvia Koch-Mehrin und Ursula von der Leyen. Für wen Brüssel ein Sehnsuchtsort ist und wie junge Griechen in einer verslumten Gasse ihre Zuversicht wiederfinden, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 12./13. April 2014. Außerdem: Die letzte Fotoreportage von Anja Niedringhaus. Sie wurde bei ihrer Arbeit in Afghanistan erschossen. Und: Warum viele Palästinenser bei einem Filmprojekt über Jerusalem nicht mitmachen. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Was bislang fehlt, scheint ein Gefühl des Gemeinsinns zu sein, eine positiv besetzte europäische Identität - das, was man hierzulande als „Heimat“ bezeichnet.

In der Titelgeschichte „Der beste Ort der Welt“ in der taz.am wochenende vom 12./13 April geht taz-Chefreporter Peter Unfried der Frage nach, ob die EU ein Zuhause sein kann. Unfried hat dafür vier Europäer getroffen.

Einer davon ist Luuk van Middelaar, Redenschreiber des Präsidenten des Europäischen Rates Herman Van Rompuy und Mitglied seines Kabinetts. Van Middelaar bezeichnet Brüssel als seine Heimat. Eine europäische Identität, sagt er, gebe es zwar schon, sie sei aber nur von außen sichtbar. Zum Beispiel in der Ukraine, wo er auf dem Maidan von Kiew die EU-Fahnen hat wehen sehen. „Europa als Ort des Friedens und der positiven Emotionen, das ist außerhalb viel lebendiger als in der EU“, sagt van Middelaar.

Dabei gebe es in Europa durchaus Bestrebungen, eine wirkliche gemeinsame Identität aufzubauen.

Luuk van Middelaar hat drei Strategien beobachtet: die römische Strategie, die es über Resultate, Reisefreiheit und billiges Telefonieren versucht. „Sie ist populär, weil wir keine bessere haben.“ Sie sei aber nicht solidarisch, weil sie immer national frage: Was bringt uns das?

Dann sieht van Middelaar die griechische Strategie. Ein Appell an die Demokratie, die gemeinsame Sache der europäischen Bürger jenseits des Interesses einer nationalen Regierung, die ja eben nicht immer deckungsgleich mit dem ihrer Bürger ist. Sie hat bestenfalls bescheidene Erfolge erzielt.

Und schließlich die deutsche Strategie: Angelehnt an Herder und Fichtes „Reden an die deutsche Nation“ soll Nation Building auf Europa übertragen werden, mit gesamteuropäischen Helden und Geschichtsbüchern. Aber war der britische Seefahrer Sir Francis Drake nun ein Held oder ein Pirat? Die einen sagen so, die anderen so.

Für einige geht dieses Konzept auf. Für Moritz Hartmann zum Beispiel, 30 Jahre alt und kurz vor seinem Abschluss in Jura. Er gehört zum sogenannten Erasmus-Milieu, jenem Kreis junger AkademikerInnen, die ganz selbstverständlich eine Zeit lang in einem anderen europäischen Land gelebt haben. Seine Generation, sagt er, könne auch in Barcelona oder Tallinn „Heimatgefühle“ entwickeln. Für ihn ist die Lebensrealität, die gelebte Erfahrung, das Ausschlaggebende: Das, sagt er, „schafft ein Selbstverständnis des Europäischen, das in alle Kanäle unserer Lebenswelt diffundiert“.

Tatsächlich, so zeigt auch eine Studie des Deutschen Akademischen Austauschdienstes über studentische Mobilität und europäische Identität, ist für viele der Auslandsaufenthalt die prägende europäische Erfahrung: Von jenen Studierenden, die entweder bereits im Ausland waren oder es vorhaben, identifizieren sich rund 56 Prozent mit Europa. Und 51 Prozent der Studierenden geben an, ihre Einstellung zu Europa geändert zu haben, nachdem sie zehn bis zwölf Monate in einem anderen Land verbracht haben.

Diese Erfahrung aber können nicht alle teilen. Vielleicht ist das der Grund, warum für die meisten EuropäerInnen Europa keine Heimatgefühle erzeugt. Sie haben nicht in Polen, in Finnland oder in Italien gewohnt, sind stattdessen vielleicht im Urlaub dort gewesen, denken aber in erster Linie in der Prägung ihrer nationalen Herkunft.

Was für sie von der EU ankommt, ist neben einigen Vergünstigen, wie etwa der Reisefreiheit oder der gemeinsamen Währung, vor allem das, was Medien berichten. Und die schreiben hauptsächlich über die Eurokrise und die Absurdität europäischer Regeln - womit wir wieder bei den krummen Gurken sind.

Ist Europa nur ein abstraktes Bürokratie-Gebilde, eine Sache von und für Eliten? Ist das nationalstaatliche Erbe zu mächtig, um zusammenzuwachsen? Wie kann Europa eine Heimat werden?

Debattieren Sie mit!

Neben der Titelgeschichte „Der beste Ort der Welt“ lesen Sie in der taz.am wochenende außerdem ein Gespräch mit Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen, in dem sie erzählt, wie sie als Kind auf einem Shetlandpony durch Brüssel ritt und wie das bis heute ihre Liebe zu Europa prägt. Außerdem ein Essay von Bettina Gaus über das Positive der Nationalstaaten innerhalb der EU.

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2 Kommentare

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  • so nicht - heute zu Ponies über Brüssel - gaahrp!

     

    & So what !

     

    " …jahahaha - wenn der Senator erzählt…" - Dege

     

    ( Mit Verlaub - …meine großbürgerliche Mutter04 hatte weder Nerv noch Zeit, als "Hausfrau gekränkt" zu sein, wenn eins ihrer Kinder mittags vor der Tür stand

    ( machte sie doch den Herd erst an, wenn sie's singend übers Feld hörte

    ;-)) denn sie war zugleich

    backingfrau einer Großhandelsklitsche

    für - Bäckereibedarf;-))

    (Europäerin? - sowieso; wo süss?)

     

    nein - was eine unbedarfte Hofberichterstattung via unser aller

    Kriegsministerin nascitura La Tuffa;

     

    um die tonunverdächtige

    La Helmeth Silke Burmester

    zu zitieren:

    Wie ekelig ist das denn?

     

    Chapeau -

    taz goes Frau im Spiegel -

    auhauerha - Mensch Maier

    ( & Celler Loch & Gorleben soll leben

    - ???¿¿ - & hätte, hätte - Fahrradkette)

  • Die Frage ist doch, wie die Menschen die EU mehrheitlich wahrnehmen bzw. wie die EU in deren Leben in Erscheingung tritt. Für einen nicht unerheblichen Teil sind es nur die Richtlinien, die Euro-Währung und die Eurokrise, die sie wahrnehmen. Vielleicht kommt noch der All-inclusive-Urlaub in Südeuropa dazu, aber den lasse ich jetzt mal außen vor.

     

    So etwas wie eine gemeinsame Identität ensteht m.E. vor allem durch kulturelle/historische Bildung und die erwähnten Aufenthalte in anderen europäischen Ländern. Aber das bekommt praktisch nur die Mittel- und Oberschicht (und davon auch nicht mal alle befürchte ich).