Frauen in Topjobs: Ein „Ritt auf der Schnecke“
Trotz Frauenquote gibt es kaum mehr Frauen an der Spitze großer Unternehmen. Zur besseren Umsetzung empfielt eine Volkswirtin: An Männer denken.
BERLIN taz | Fresenius hat noch immer keine Frau im Vorstand und auch keine im Aufsichtsrat. Kann sich der Gesundheitskonzern, wie Fresenius sich selbst bezeichnet, das leisten? Im Gesundheitsbereich arbeiten traditionsgemäß viele Frauen. Elke Holst findet: Nein.
Die Genderexpertin beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellte am Mittwoch das aktuelle Managerinnenbarometer vor, das seit 2006 den Frauenanteil in Topjobs misst. Sie zeigte sich enttäuscht: Trotz anhaltender Debatten über Frauen an der Spitze, habe sich „in den Vorständen nichts getan. Sie bleiben männliche Monokulturen.“ So liegt der Frauenanteil in den Vorständen der größten 200 Unternehmen bei 5,4 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es 4,4 Prozent.
Bei den Aufsichtsräten sieht es besser aus. Dort beträgt der Frauenanteil bei den Top-200-Unternehmen 18,4 Prozent. Steigerung: 3,3 Prozentpunkte. Holst nennt das einen „Ritt auf der Schnecke“.
Einen deutlichen Sprung indes machten Firmen, bei denen der Bund beteiligt ist. So ist der Vorstand des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) mittlerweile zur Hälfte mit Frauen besetzt. Das Kuratorium, das als Aufsichtsrat gilt, ist zu einem Drittel weiblich. Bei der Deutschen Bahn finden sich unter 20 Aufsichtsräten drei Frauen. Im DB-Vorstand gibt es eine Frau und fünf Männer.
Warum geht es so schleppend?
Das Kabinett hatte im Dezember eine 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte in voll mitbestimmungspflichtigen und börsennotierten Unternehmen beschlossen. Wird die Quote nicht erreicht, bleiben die entsprechenden Stühle leer. Warum geht es trotzdem so schleppend? „Große Unternehmen haben es häufig versäumt, die Gremien mit Frauen zu besetzen“, sagt Holst: „Die Entwicklung bleibt hinter den Erwartungen zurück.“
Neben mehr Transparenz und verbindlichen Zeitplänen, bis wann die Quote erreicht werden soll, empfiehlt die Volkswirtin, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur die Frauen im Blick zu haben, sondern auch die Männer. „Es gibt immer mehr junge Männer, die nicht nur Karriere, sondern auch Familie wollen“, sagt Holst.
Was ändert sich für ein Unternehmen, wenn es von Frauen (mit)geleitet wird? Studien belegen, dass die Unternehmen mehr Gewinne machen. Andere besagen allerdings das Gegenteil. Dazu gebe es keine eindeutigen Aussagen, meint Anja Kirsch vom Institut für Management an der Freien Universität Berlin.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen