Der kroatische Trainer Slaven Bilic: Nena? Rammstein!
Kroatiens musikalischer Trainer Slaven Bilic hat bei der WM 1998 geholfen, die Deutschen nach Hause zu schicken. Das Spiel am Donnerstag fürchtet er nicht.
BERLIN taz Ein Moment für die Fußballewigkeit, könnte man denken, aber ausgerechnet Davor Suker weiß auf Anhieb gar nicht mehr, wer das eigentlich war, der ihn damals, vor zehn Jahren, am 4. Juli 1998, im WM-Viertelfinale von den Beinen holte. Jüngst machte sich der kroatische Exnationalspieler in einem Interview auf die Suche nach dem Namen. Und dann fand er ihn doch noch: Wörns wars.
Im Kopf hat Suker selbstredend noch, was passierte, nachdem der deutsche Verteidiger damals in Lyon nach dem ungestümen Einsteigen gegen den Stürmer und beim Stand von 0:0 postwendend das Feld verlassen musste: Die Kroaten zerlegten die deutsche Mannschaft. Am Ende stand es 3:0. Kroatien wurde WM-Dritter, Deutschland war da längst konsterniert nach Hause gereist. Wenig später war es Trainer Berti Vogts los. Suker meint im Rückblick, Deutschland solle den Kroaten mal dankbar sein, damals hätten beim DFB einige Änderungen ihren Weg genommen.
Gut, es gab den Umweg über Erich Ribbeck als Bundestrainerdarsteller, und es sollte noch eine ganze Zeit dauern, bis sich dem Freund des Fußballs nicht mehr der Magen umdrehte, wenn er Spiele der deutschen Auswahl guckte. Aber viele, viele Jahre später wurde die Sache ja tatsächlich besser.
Feurigen Einsatz zeigte seinerzeit bei der Weltmeisterschaft in Frankreich im Übrigen nicht nur Christian Wörns, sondern auf der Gegenseite auch ein kroatischer Verteidiger namens Slaven Bilic. Und während Wörns gerade in diesem Sommer seine aktive Fußballerkarriere recht sang- und klanglos beendet hat, ist der studierte Jurist Bilic im Hauptberuf längst ein gefeierter Trainer. Er coacht jetzt die Nationalmannschaft und ist mit 39 Jahren der jüngste Auswahltrainer bei diesem Turnier.
Nebenbei motiviert er seine Spieler auch musikalisch. Von seiner zweifelhaften Auswahl eines stimmungsaufhellenden Liedes der nationalistischen Band Thomson nach dem mickrigen Spiel gegen Österreich abgesehen, offeriert er auch Selbstgemachtes, denn er ist Teil der Rockband Rawbau. Und die hat selbstverständlich auch einen Song für die Auswahlelf im Repertoire: Er heißt "Feuriger Wahnsinn", weil ja die Auswahl selbst den Kosenamen "Die Feurigen" spazieren trägt.
Nun war beim ersten EM-Spiel der Kroaten gegen Österreich von feuriger Ausstrahlung noch nicht so viel zu sehen. Aber das sei kein Anlass zur Sorge, sagt Bilic. Er ist "zuversichtlich" und ohne "Angst". Bei jedem Turnier hätten sich die Kroaten schließlich nach dem ersten Spiel gesteigert. Und falls jetzt noch jemand wissen will, wie der so vielseitig interessierte Bilic, der nebenbei auch noch Unicef-Botschafter ist, sich in musikalischer Analogie die deutsche Mannschaft vorstellt - es verhält sich nach seiner Einschätzung so: "Definitiv ist es nicht Nena, sondern Rammstein." TAK
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!