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Schwere Schäden durch LeichtmetallEin Meer aus Aluminium

Metalleinträge von Offshore-Windkraftanlagen vergiften Nord- und Ostsee. Studie fordert umweltfreundlicheren Korrosionsschutz.

Aluminium bildet im Wasser eine dünne Oxidschicht, die es vor Korrosion schützt. Bild: dpa

HAMBURG taz | Giftiges Aluminium könnte eine zunehmende Gefahr für die Meeresumwelt darstellen. Von Offshore-Windanlagen würden in immer größerem Maße kleinste Partikel dieses Leichtmetalls sich ablösen und in Nord und Ostsee gelangen. Das geht aus einer Studie der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW) in Karlsruhe hervor, die im Auftrag des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg erstellt wurde. Das BSH ist die Genehmigungsinstanz für Offshore-Windparks vor deutschen Küsten.

Nach den Berechnungen der BAW gibt eine Windkraftanlage in 25 Jahren etwa zehn Tonnen Aluminium ins Meerwasser ab. Bei dem offiziellen Ziel der deutschen Politik, 6.500 Megawatt Leistung bis 2020 vor den Küsten zu installieren, würde das rein rechnerisch eine Belastung von 13.000 Tonnen Aluminium in Nord und Ostsee bedeuten. Hinzu kämen noch weitere Einträge von den Windparks der anderen Anrainer Niederlande, Großbritannien, Dänemark und Schweden, die allesamt in großem Stil auf erneuerbare Energie aus dem Meer setzen.

Die Außenhaut der Windmühlen ist unter Wasser mit sogenannten Opferanoden versehen, die hauptsächlich aus Aluminium bestehen. Sie sollen den Stahl der Pfeiler vor Rost schützen, lösen sich allerdings langsam auf. Daher der Name: Die Anode wird im Laufe der Zeit geopfert, um ein anderes Metallteil vor Korrosion zu schützen.

Wie schädlich Aluminium ist, ist umstritten. Es steht im Verdacht, in größeren Konzentrationen oder über längere Zeiträume Krebs und Alzheimer zu fördern. Welche Auswirkungen größere Einträge von Aluminium auf die Meeresumwelt in unmittelbarer Nähe zu den Offshore-Windparks haben können, ist vollkommen unklar. Laut der BAW-Studie besteht jedoch Bedarf für einen besseren Korrosionsschutz der Anlagen und schärfere Vorschriften bei der Genehmigung von Windparks.

Wind auf dem Wasser

Das BSH ist die Genehmigungsbehörde für Offshore-Windparks.

Nordsee: In der deutschen Wirtschaftszone der Nordsee sind 75 Windparks beantragt. Davon sind 31 Projekte genehmigt und acht bereits im Bau. Ende 2014 waren 135 Windrotoren am Netz, 438 Anlagen waren komplett aufgestellt und 640 Fundamente errichtet.

Ostsee: Im deutschen Teil der Ostsee gibt es 17 beantragte Projekte. Davon sind bislang drei genehmigt und eines im Bau. Am Netz ist noch keine Anlage, 23 wurden vollständig aufgestellt und 80 Fundamente errichtet.

Ähnlich sehen das Meeresschützer. Dieser Korrosionsschutz sei „fahrlässig“, heißt es beim //www.nabu.de/:Naturschutzbund (Nabu) Deutschland. Dieser „Kollateralschaden der Energiewende“ müsse möglichst rasch beseitigt werden.

„Wir sind an dem Thema dran“, versichert Nico Nolte, im BSH zuständig für die Genehmigung von Offshore-Windparks. Wie hoch die Belastungen der Meeresfauna und flora durch den Aluminiumeintrag tatsächlich ist, sei noch nicht untersucht. Dennoch werde das BAW jetzt ein technisches Regelwerk für die kommenden Parks erarbeiten, um zum Beispiel unbedenkliche Beschichtungen für die Pfeiler vorzuschreiben. „Korrosionsschutz ist notwendig“, sagt Nolte, „aber er muss verbessert und umweltfreundlich gemacht werden.“

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5 Kommentare

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  • Woher kommt die Annahme, Aluminium sei per se giftig? Ich habe bisher keine Aluminiumverbindung kennen lernen dürfen, bei der der Aluminiumteil zur Toxizität beiträgt. Ich würde mich freuen, wenn ich was dazulernen kann, aber ohne eine wietere Begründung finde ich diese Aussage schwierig. Gerade die Stellung am Anfang des Artikels, gibt mir das Gefühl, dass damit der gesamte Artikel begründet wird.

    • @D33p:

      Aluminium wirkt grundsätzich toxisch, in stabilen Verbindungen vernachlässigbar (dritthäufigstes Element der Erdkruste), elementar bzw. als -Hydroxid in Verbindung mit Citronensäure sehr giftig, da es Nervenschäden, entzündliche Reaktionen und wie bekannt wurde, offenbar Alzheimer auslöst.

      Traurige Erkenntnis gewann man hier bei Patienten, die langjährig Säureblocker mit Al.-Hydroxid einnahmen und Alzheimer bei diesen auftrat.

      Alaun als Pflanzenschutz-Spritzmittel im Garten verursacht längerfristig angewendet Wurzelvergiftung.

      Forelle in Alufolie mit Zitrone beträufelt ist bei mir vom Tisch, genau wie Aludeckel an Joghurts ablecken.

      Aluminium ist als toxischer Stoff lange bekannt, doch die ideenreiche Anwendung und die fehlende Aufklärung darüber lässt viele leichtsinnig werden.

      http://www.lenntech.de/pse/wasser/aluminium/aluminium-und-wasser.htm

      • @lions:

        Tut mir leid, dass ich erst jetzt antworte, aber ich hatte bisher keine Zeit gefunden die angegebenen Verbindungen zu recherchieren und Lenntech als Quelle einzuschätzen.

         

        Um Ihre Aussage @Anamolie soweit ich das recherchieren konnte zu erweitern:

        Alaune sowie die anderen wasserlöslichen Aluminiumverbindungen wirken bei oraler Aufnahme ätzend (Eiweißfällend) und können bei Aufnahme in den Körper zu Nervenschädigungen führen (Fachlexikon d. Toxikologie, Lohs, 2009)

        Das Problem ist, dass die Aufnahme in den Körper ist nicht ganz klar ist. Bei den von Ihnen herausgestellten Medikamenten ist diese Aufnahme bekannt, sodass Nervenschädigungen bis zur Demenz auftreten können (Alzheimer scheint hier nicht aufzutreten), jedoch sind Aluminiumsalze in der Regel so unlöslich (z.B. als Phosphat, wie es im Magen entsteht), sodass nicht besonders exponierte Menschen bei einer Bioverfügbarkeit von 1% nicht gefährdet sind (Deckelablecken scheint kein Problem darzustellen). Evtl. sollte man vom Kochen in Aluminiumgeschirr absehen, da säurehaltige Lebensmittel deutlich mehr Aluminium aus dem Geschirr lösen können. (Vohr - Toxikologie Band II, 2010)

         

        Um dieses Thema jedoch weiter zu bringen ist es nötig zu vergleichen in welchen Mengen das in die Umwelt abgegebene Aluminium Umweltschädigend/Schädigend auf Wasserorganismen ist. Da Aluminium als Salz sehr sehr häufig vorkommt wäre dies durchaus ein relevantes Thema.

    • @D33p:

      Das ist das übliche präsienzistische Bullshit-Bingo als Resultat aus vollkommen unscharfen Termini und weitgehender Ahnungslosigkeit....

       

      Es wätr halt hilfreich erstmal zu erklären welche Aluminiumphase in welcher Matrix für welche Lebensform schädigen wirken kann und wie der Wirkunspfad und die toxikologische Charakteristik dabei aussehen.

       

      Ich würde ja erwarten das sich Aluminiumlegierungen in Seewasser primär komplett lösen. Sollte es um irgendwie passivierte Partikel gehen, dann ist dieser Umstand auch klar herauszustellen! Partikel im subcµ-Bereich sind ein ganz anderes Feld als gelöste undim Alkalischen komplexierte Leichtmetalle..

      • @KarlM:

        Mich interessiert Ihre Antwort sehr, jedoch bin ich Laie bzw. nur halbgebildet und verstehe fast nichts. Es geht mir ansonsten ähnlich wie d33p.