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Kommentar Grüne in Hessen und NSUEin Stich ins Herz der Opfer

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Der Elan der hessischen Grünen, Aufklärung in den Skandal zu bringen, lahmt, seitdem sie dort mit der CDU regieren. Das ist mehr als nur peinlich.

Ungeklärt: die Umstände des Mordes an Halit Yozgat in 2006 in Kassel Bild: dpa

V erfassungsschützer in Thüringen warnten gesuchte Neonazis, etwa den gut bezahlten V-Mann Tino Brandt, offenbar vor Polizeizugriffen. Als 1998 die Bombenwerkstatt der drei späteren NSU-Täter durchsucht werden sollte, war der Zugriff so dilettantisch, dass Uwe Böhnhardt entkam. Unklar ist auch der Mord in Kassel 2006, bei dem, seltsamer Zufall, ein Verfassungsschützer zugegen war, der allerdings nichts mitbekommen haben will.

Das sind drei Schlaglichter, die zeigen, wie manche Behörden in der NSU-Affäre agierten. Das Trio blieb zehn Jahre lang unbehelligt. Die Sicherheitsbehörden suchten Täter ausschließlich im Umfeld der Opfer – und kamen einfach nicht auf die Idee, mal bei Neonazis nachzuschauen. Doch es geht um mehr als Unfähigkeit und subtilen Rassismus – es geht um den Graubereich zwischen Schlampigkeit und regelrechter Vertuschung.

Das ist keine wilde Verschwörungsthese. Es steht so in dem Bericht des Erfurter Untersuchungsausschusses 2014. Demnach gab es, so die Auffassung von Linkspartei bis zur CDU, eine „Begünstigung durch den Verfassungsschutz“, bis hin zum „Verdacht gezielter Sabotage“. Der NSU-Skandal ist, sogar in der an Affären reichen Geschichte des Verfassungsschutzes, einmalig. In Thüringen ist das Bild trübe. Aber, siehe Kassel 2006, nicht nur dort.

Doch in Hessen kommt der Untersuchungsausschuss nur schwer voran. CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier war damals Innenminister und hat damals, freundlich gesagt, nicht viel getan, um die Aufklärung zu befördern.

Der Elan der hessischen Grünen, die lange Licht ins Dunkel bringen wollten, ist pünktlich erlahmt, seit sie in Wiesbaden mit der CDU regieren. Die Grünen haben, aus Koalitionsräson, auch nicht für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses gestimmt. Das ist gerade für eine Partei, die Moral auf ihre Fahne schreibt, peinlich.

Und es geht auch um Moral. Gerade angesichts der desaströsen Rolle der Behörden in der NSU-Affäre gibt es die Pflicht, alles zu tun, was der Aufklärung dient – egal ob es politisch passt oder nicht. Denn für die Angehörigen der Opfer „ist jede geschredderte Akte, jede mit Geheimschutz begründete Aktenschwärzung, jeder verhinderte Zeuge ein weiterer Stich ins Herz“. Kluge Worte. Sie stammen von Cem Özdemir, Parteichef der Grünen. Gelten sie nicht in Wiesbaden?

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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8 Kommentare

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  • 6G
    6474 (Profil gelöscht)

    den grünen geht es halt ums regieren,dafür wird mittlerweile alles andere hinten angestellt.

    danach kommt ihr ökokram und für die soziale frage ist dann in den koalitionsverhandlungen einfach kein platz mehr.

    "hey,wir machen ökoström und für alle wird es teurer,egal ob arbeitsloser oder manager,wer sich nicht freut ist ein unmoralischer umweltschänder"

    erstmal nach links treten um sich rechts als wählbar zu etablieren,so funktioniert realpolitik.

  • Natürlich haben die Grünen in Hessen kein Interesse an Aufklärung, die für demokratische Strukturen sorgen könnte.

    Das weiß doch jeder!

    Es sind immerhin Grüne!

     

    Naja, aber evtl.vielleicht noch mal ganz gut, darauf hinzuweisen, dass die Grünen nicht nur für CDU stehen, d.h., dass nicht nur gilt: "Wer grün wählt, wählt Merkel", sondern dass die Grünen auch für einen besonders reaktionären Teil der Union stehen, wie sie in der Asylpolitik, Außenpolitik, Sozialpolitik und nun auch in der Innenpolitik beweisen, also muss es heißen: "Wer grün wählt, wählt Koch, Mappus, Beckmann, Schönbohm und Schünemann!"

    • @Age Krüger:

      Das zeigt sich doch in Thüringen, dass die "DIE LINKE" für einen echten Linken nicht wählbar ist. Um des Amtes des Ministerpräsidenten willen gehen diese dort eine Koalition mit Reaktionären ein ;-)

      • @Arcy Shtoink:

        Falls Ihnen das entgangen sein sollte: In Thüringen stellt die Linke die stärkste Fraktion, währen die Grünen "Juniorpartner von Juniorpartner" sind und höchstens das "Zünglein an der Waage".

         

        In Hessen liegt der Fall eher so, dass die Grünen einer durch und durch korruptionsbelasteten CDU-Spitze (die der Großteil der Wähler nicht mehr haben wollte) das Weiterregieren ermöglichen. Nun, von Ba-Wü wollen wir lieber nicht reden. Auf jeden Fall sind die Grünen nichts anderes mehr als die alte FDP, in welchen Wind sie auch ihr Mäntelchen hängen mögen. Es ist aber der Linken nicht zum Vorwurf zu machen, wenn sie dies nutzt, um einen Politikwechsel zu ermöglichen.

        • @Ute Krakowski:

          Da möchte ich trotz allem die alte FDP in Schutz nehmen, die nämlich bezgl. Bürgerrechten und Demokratie, anders als die Grünen eine eindeutige Position hatten. Die Grünen werden zunehmend eher eine Gefahr für Demokratie und Freiheit.

  • Und wir erleben, wie die Grünen den nächsten Grundsatz - einen der letzten verbliebenen - über Bord werfen, die systematische Bekämpfung des Rechtsextremismus. Aber mal ehrlich: Gibt es irgend jemand, der von Al-Wazir & Co. so etwas wie Rückgrat erwartet hatte?

  • Bei solchen Aktionen brauchen sich die Grünen nicht wundern, als "Öko-CDU" oder "grün lackierte FDP" bezeichnet zu werden.

  • Was sich die Grünen in Hessen leisten, ist eh ein Trauerspiel. Von der CDU erwartet man ja nichts anderes, aber die Grünen in Hessen, haben sich schnell angepasst. Ob NSU oder die Millionen-Klage der Atomkonzerne, die Grünen helfen mit, alles unter den Teppich zu kehren. (siehe auch TAZ: Gelassenheit nach Biblis-Skandal - 21.01.2015 )