Erforschung der Biodiversität: „Es kann schmerzhaft werden“
Die UNO will den Zustand der Biodiversität untersuchen. Das wissenschaftliche Gremium soll nach dem Vorbild des Weltklimarats IPCC agieren.
BERLIN taz | Welche Tier- und Pflanzenarten sterben gerade aus und warum? Wie viel Geld ist die Dienstleistung wert, die Bienen beim Bestäuben von Pflanzen erbringen? Welche einwandernden Arten sind gefährlich für ein Ökosystem? Was ist ein Stück Regenwald wert, das nicht für eine Rinderweide gerodet wird?
Diese und andere zentrale Fragen zu Artenvielfalt und „Ökosystem-Dienstleistungen“ wird ein globales wissenschaftliches Gremium in den kommenden Jahren beantworten. Am Samstag verabschiedeten 123 Staaten der Biodiversitätskonvention (CBD) bei ihrer dritten Tagung in Bonn ein detailliertes Arbeitsprogramm für den UN-Weltartenschutzrat IPBES. Allerdings fehlen noch etwa 20 Millionen Dollar für seine Finanzierung.
Nach dem Vorbild des Weltklimarats IPCC werden in den nächsten Jahren Hunderte von Forschern ausschwärmen, um Informationen aus der Wissenschaft, von Umweltgruppen, der Industrie und indigenen Gruppen zusammenzutragen. Den Stand der Dinge werden sie in Berichten für die Entscheider in der Politik zusammenfassen.
Bis 2018 sollen vier zentrale Themen behandelt werden: die Bestäubung von Lebensmitteln, die nachhaltige Nutzung von Natur- und Agrarflächen, invasive, also einwandernde Arten und die Restaurierung von zerstörten Ökosystemen. Den ersten Bericht zur Bestäubung (wo es auch um das Bienensterben gehen soll) wollen die Experten bereits im nächsten Jahr vorlegen.
Die Probleme kommen erst noch
Diese Themen werden in verschiedenen Regionen durchleuchtet: Für Afrika, Asien, Europa und Lateinamerika sollen bis 2017 eigene Berichte erstellt werden. Den Abschluss bildet dann 2019 ein umfassender Bericht über den Zustand der globalen biologischen Vielfalt. „Wir haben ein enormes Arbeitspensum vor uns“, sagte Nicola Breier von der deutschen Delegation. Die Atmosphäre des Treffens in Bonn sei „sehr konstruktiv“.
Das könnte sich bald ändern. Experten erwarten, dass ähnlich wie beim Klimarat IPCC die Probleme beginnen, wenn die Staaten Dokumente absegnen müssen, die ihre wirtschaftlichen Interessen berühren. „Wenn etwa bestimmte Gifte für das Bienensterben verantwortlich sind, wird das die Hersteller und ihre Heimatstaaten treffen“, sagt Günter Mitlacher, Biodiversitätsexperte beim Umweltverband WWF. Auch wenn der Schutz von Wäldern oder von Fischbeständen debattiert wird, „kann das für manche Staaten schmerzhaft werden“.
Wie beim IPCC sollen auch beim IPBES die Schlussberichte Wort für Wort mit den Regierungsdelegationen abgestimmt werden. „Da wird sich dann erweisen, wie unabhängig die Wissenschaft bleibt“, meint Mitlacher.
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