piwik no script img

Briefbomben aus deutscher Werkstatt

■ Deutsche Neonazis waren an den Sprengstoffattentaten in Österreich beteiligt

Berlin (taz) – Mehr als ein Jahr nach der Briefbombenserie in Wien, erhärten sich erneut die Hinweise, daß auch Berliner Neonazis hinter den Sprengstoffattentaten stecken. Nach Informationen aus der Berliner Justiz führt die Berliner Staatsanwaltschaft derzeit eigenständige Ermittlungen in dieser Sache. Sie konzentrierten sich auf zwei Hauptpersonen der Berliner Neonazi-Szene, auf den Chef der verbotenen „Deutschen Alternative“, Arnulf Priem, und auf Bendix Wendt, der Priems engerem Umfeld zugerechnet wird.

Die beiden stehen in Verdacht, an den Attentaten maßgeblich beteiligt gewesen zu sein, bei denen fünf Menschen zum Teil sehr schwer verletzt worden waren. Konkrete Angaben zum Stand der Ermittlungen machte der Justizsprecher Frank Thiel gestern aber nicht. Weder bestätigte noch dementierte er entsprechende Aktivitäten der Berliner Justiz.

Das Nachrichtenmagazin Profil berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, daß der österreichische Innenminister in der vergangenen Woche einen Antrag auf Strafverfolgung bei der Wiener Staatsanwaltschaft gestellt hat. Der Innenminister beruft sich auf Aussagen von Bendix Wendt, die er im vergangenen Dezember in der Berliner Untersuchungshaft gemacht hatte. Wendt, der zum damaligen Zeitpunkt wegen eines Verkehrsdelikts einsaß, muß sich freimütig über die deutsch-österreichische Connection geäußert haben. Auszüge aus dem Protokoll sind in Profil nachzulesen. Wendt gibt zu, zwei „Zündmaschinen“ an Peter Binder geliefert zu haben. Der gilt zusammen mit zwei anderen österreichischen Neonazis als einer der Drahtzieher der Bombenserie. Auf die Frage, ob er es nicht ärgerlich fände, daß die Briefbomen und all das Aufsehen Binder zugeschrieben werden und er dabei leer ausgehe, antwortet Wendt bei der Vernehmung: „Gute Frage. Jedem das seine.“

Der Beamte: „Hatten Sie Kenntnisse über die Briefbombenanschläge des Peter Binder?“ Wendt: „Ich schwärze niemanden an.“ Mit seinen Aussagen wurde Wendt zum ersten Kronzeugen in der Briefbombenserie. Ob er derzeit in U-Haft sitzt, wollte Justizsprecher Thiel nicht bestätigen. Annette Rogalla

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen