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Erdogan hetzt gegen den Westen„Sie freuen sich über unseren Tod“

Der Westen stürzt den Islam ins Verderben. Diesmal ist der Papstbesuch Anlass für einen weiteren Hetzauftritt des türkischen Präsidenten Erdogan.

Ein Meister der Selbstprofilierung: Staatspräsident Erdogan am türkischen Nationalfeiertag. Bild: reuters

ROM/ISTANBUL dpa/kna | Papst Franziskus ist zu seinem Besuch der Türkei aufgebrochen. Die Maschine mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche an Bord startete am Freitagmorgen vom Flughafen Rom-Fiumicino.

Nur drei Tage nach seinem Besuch in Straßburg reist der Papst zunächst in die türkische Hauptstadt Ankara. Dort trifft der Argentinier unter anderem mit Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Ahmet Davutoglu zusammen.

Wenige Stunden vor dem Papst-Besuch attackierte Erdogan den Westen scharf. Die Fremden hätten es nur auf die Reichtümer der Muslime abgesehen, sagte er bei einer Konferenz der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul. „Die, die von außen kommen, mögen Öl, Gold, Diamanten, billige Arbeitskräfte sowie Gewalt und Streit“, sagte der Präsident am Donnerstag. „Sie scheinen vordergründig unsere Freunde zu sein, aber freuen sich über unseren Tod und über den Tod unserer Kinder.“

Erdogan wolle in seiner Begegnung mit dem Papst betonen, dass der Islam ungerechterweise mit Gewalt in Verbindung gebracht werde, so die türkische Tageszeitung Hürriyet. Auch Fehler der christlichen Welt hätten zum Aufstieg von islamistischen Terrororganisationen wie Al-Kaida oder „Islamischer Staat“ beigetragen.

Auch die islamistische Presse äußerte offen ihre Abneigung gegen den Papst. „Sei nicht willkommen“, titelte die Zeitung Milli Gazete, das Sprachrohr der islamistischen Glückseligkeitspartei (SP). Die ebenfalls islamistische Yeni Akit zitierte Papstattentäter Ali Agca mit den Worten, Franziskus sei ein „Tyrann“ und der „Botschafter des Satans“. Agca hatte im Jahr 1981 auf dem Petersplatz den damaligen Papst Johannes Paul II. mit mehreren Schüssen verletzt.

Erdogan war zuletzt mit Kommentaren zur angeblich untergeordneten Rolle der Frauen und mit der Behauptung aufgefallen, muslimische Seefahrer hätten vor Christoph Kolumbus Amerika entdeckt.

Franziskus reist am Samstag weiter nach Istanbul. Es ist die sechste Auslandsreise des Papstes seit seinem Amtsantritt im März vergangenen Jahres.

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12 Kommentare

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  • "Diesmal ist der Papstbesuch Anlass für einen weiteren Hetzauftritt des türkischen Präsidenten Erdogan."

     

    Es ist kein "Hetzauftritt". Ich mag Erdogan zwar gar nicht, aber er hat Recht! Die christliche Religion ist plündernd und mordend über alles hergefallen was nicht ihre Ansichten teilte und ihre Führer akzeptierte!

    Warum sollten wir vom Islam Unterwerfung erwarten?

    (28112014,15:05)

    • D
      D.J.
      @antares56:

      Während die Osmanen Blümchen verteilt habe. Originelle Beitrag.

    • @antares56:

      Da ist keine Rede von Christen. Da geht es um "die, die von außen kommen". Du und ich, sozusagen. Und ich will doch mal ganz schwer hoffen, dass Du Dich nicht über den Tod von TürkInnen und deren Kindern freust!

  • Was für eine bösartige Unterstellung! Und wieder werden Millionen Türken diese Rede mit großer Begeisterung aufnehmen. Schlecht für die dort lebenden "Ungläubigen", in deren Haut möchte ich grade nicht stecken.

     

    Der Papst muss wirklich einen langen Atem haben, wenn er sich als Botschafter des Satans beschimpfen lässt und trotzdem warme, lobende Worte für die Türkei als Gastgeber für syrische Flüchtlinge findet.

  • So schmiedet man ein viertes Reich:

     

    Der selbstverliebte Herrscher Erdogan mimt freiwillig den externen Feind, in dem er "die, die von außen kommen", verbal attackiert. Ein namenloser Anonymus berichtet über die Verbal-Entgleisung und lässt seinen Überschriften-Texter "die, die von außen kommen" mit "der Westen" übersetzen, weil man ja anderswoher auch nicht kommen kann. Der langjährig in Gewaltbereitschaft geschulte Leser des Berichts erkennt sich daraufhin umgehend wieder in "der Westen", auch wenn er niemals in der Türkei gewesen ist, nicht hin will und vielleicht nicht einmal weiß, wo ganz genau es liegt, das Land. Er solidarisiert sich umgehend mit Papst Franziscus, der demnächst "von außen kommen" will in die Türkei, auch wenn er selbst gar nicht katholisch ist und/oder sogar Frau mit Führungsambitionen. "Öl, Gold, Diamanten und billige Arbeitskräfte" "mag" er/sie ja womöglich auch. Wenn er/sie also liest, dass Erdogan glaubt, "die, die von Außen kommen" (oder auch zuhause bleiben), würden "Gewalt und Streit [mögen]" und hätten es "auf die Reichtümer der Muslime abgesehen", fühlt er/sie sich ertappt und reagiert entsprechend grantig. Nun braucht es nur noch einen Führer, schon zieht "der Westen" in den Vorbeuge-Krieg. Nicht, weil er sich tatsächlich "freuen" würde über "den Tod [muslimischer] Kinder", sondern weil er selbst nicht sterben mag. Und wenn der Qualm sich dann verzieht, fragen sich wieder alle ganz bedeppert, wie das bloß hat kommen können.

     

    Ich möchte alles wetten, was ich habe – nachher wird mal wieder niemand Schuld gewesen sein an dem ganzen Schlamassel. Cäsarenwahn? Nun ja. Ein Cäsar ist noch selten ganz allein gekommen.

    • @mowgli:

      " "Öl, Gold, Diamanten und billige Arbeitskräfte" "mag" er/sie ja womöglich auch. Wenn er/sie also liest, dass Erdogan glaubt, "die, die von Außen kommen" (oder auch zuhause bleiben), würden "Gewalt und Streit [mögen]" und hätten es "auf die Reichtümer der Muslime abgesehen", fühlt er/sie sich ertappt und reagiert entsprechend "

       

      Ich schätze eher, derjenige, der sich selbst gerne als "billige Arbeitskraft" anbieten will, wird mit dem gleichen Rassismus antworten und auf protektionistische Maßnahmen setzen, die islamische Arbeitskräfte in seinem Markt verhindern.

  • D
    D.J.

    Ich meine es nicht als Beleidigung, schon gar nicht gegenüber den vielen AKP-Wählern. Aber ich bin mittlerweile wirklich der Auffassung, dass Erdogan psychisch krank geworden ist.

    Im Übrigen bin ich inzwischen der Meinung, dass ALLE Wege des politischen (!) Islam in die Tyrannei führen. Gut, dass es die Tunesier rechtzeitig bemerkt haben.

    • @D.J.:

      "geworden ist..." oder latent schon war.

       

      Es ist (für mich) fraglich, ob die Anlage zum C. Voraussetzung zur Erlangung von Machtpositionen ist oder ob der akute C. Folge von erlangten Machtpositionen ist...

  • Mich würde schon interessieren, mit welchen Themen (oder Strategien) der Papst und Erdogan sich gegenüber treten.

     

    Wenn man möchte kann man ja alles Gesagte anders interpretieren als es gemeint ist. Dafür scheint der Papst mir persönlich zu bieder und zu ehrlich - ganz im Gegensatz zu Erdogan, dem gewieften Strategen. Aber wer weiss, vielleicht ist gerade das seine Stärke.

  • Cäsarenwahn?

    • D
      D.J.
      @lichtgestalt:

      Der eine oder andere Vergleich mit Nero mag verlockend sein. Der galt übrigens lange Zeit - entgegen dem von christlichen Schriftstellern kolportieren Bild - längere Zeit als durchaus beliebt bei den Römern.

      • @D.J.:

        "Der Begriff „Cäsarenwahnsinn“ bezog sich ursprünglich auf Kaiser Caligula.."

        (Quelle: Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/C%C3%A4sarenwahnsinn)

         

        Am Rande: Die Christen haben die Prostitutionssteuer des Caligula wieder abgeschafft. :-)