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Kommentar Ende von „Mare Nostrum“Verabredung zum Sterbenlassen

Christian Jakob
Kommentar von Christian Jakob

Italien hat genug, und die EU schickt die Grenzschützer von Frontex, um „Mare Nostrum“ zu ersetzen. Die Konsequenzen sind fatal.

Afrikanische Flüchtlinge im Hafen von Palermo: Frontex ist nicht ansatzweise imstande, das Meer so zu sichern wie Italiens Marine. Bild: dpa

W ir setzen alles in Bewegung, was wir haben. Aber ihr helft uns: Das war Italiens Ansage an die EU nach der Katastrophe vor Lampedusa im letzten Herbst. Rom sorgte für ein vorläufiges Ende des Sterbens auf dem Meer. Nie kamen mehr Flüchtlinge als in den letzten Monaten. Und nie zuvor wurden mehr gerettet als durch die „Mare Nostrum“-Marinemission.

Hilfe bekam Italien allerdings nicht. Die EU trug nur etwa ein Zehntel der Kosten von etwa 8 Millionen Euro im Monat. Italien blieb nicht nur auf diesen Ausgaben sitzen. Europa änderte auch nichts daran, dass das Land sich ganz allein um die über 100.000 Flüchtlinge kümmern muss, die Italiens Soldaten aus dem Wasser zogen. Es war klar, dass Rom das nicht lange mitmachen würde. Seit dem Frühjahr hatte es immer wieder Unterstützung aus Brüssel gefordert. Ohne Erfolg.

Im Mai erhöhte es den Druck und zog sich etwa von Libyens Küste zurück. Sofort schnellten die Unfallzahlen hoch: 1.600 der 1.800 ertrunkenen Flüchtlinge in diesem Jahr starben in dieser Zeit. Die tödliche Demonstration ließ Europa unbeeindruckt. Denn anders als bei dem Unglück 2013 wurde jetzt langsam hintereinanderweg gestorben, und nicht auf einen Schlag.

Jetzt hat Italien genug, und die EU schickt die Grenzschützer von Frontex, um „Mare Nostrum“ zu ersetzen. Es ist die Verabredung zum Sterbenlassen. Frontex ist nicht ansatzweise imstande, das Meer so zu sichern wie Italiens Marine. Stattdessen wird Frontex tun, wozu es da ist: die Migranten daran hindern, anzukommen. Und wenn sie dabei ertrinken. Bald wird das Wetter wieder schlechter, die Überfahrt noch riskanter. Die Kriege im Nahen Osten und Afrika werden die Menschen weiter aufs Meer treiben. Auf diesem Meer werden dann keine Retter mehr sein. Dafür umso mehr Leichen.

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Christian Jakob
Reportage & Recherche
Seit 2006 bei der taz, zuerst bei der taz Nord in Bremen, seit 2014 im Ressort Reportage und Recherche. Im Ch. Links Verlag erschien von ihm im September 2023 "Endzeit. Die neue Angst vor dem Untergang und der Kampf um unsere Zukunft". 2022 und 2019 gab er den Atlas der Migration der Rosa-Luxemburg-Stiftung mit heraus. Zuvor schrieb er "Die Bleibenden", eine Geschichte der Flüchtlingsbewegung, "Diktatoren als Türsteher" (mit Simone Schlindwein) und "Angriff auf Europa" (mit M. Gürgen, P. Hecht. S. am Orde und N. Horaczek); alle erschienen im Ch. Links Verlag. Seit 2018 ist er Autor des Atlas der Zivilgesellschaft von Brot für die Welt. 2020/'21 war er als Stipendiat am Max Planck Institut für Völkerrecht in Heidelberg. Auf Bluesky: chrjkb.bsky.social
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22 Kommentare

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  • frankreich zerstört? wissen die franzosen denn schon davon?

    was sie meinen sind warscheinlich eher französische "traditionsunternehmen" die kosteneffizient ihren hauptsitz bzw ihre produktionsstätten verlegt haben.

    wenn sie "NUR" arbeitssuchende sehen ist das natürlich ein problem.

    soll man sie ertrinken lassen?

    oder vielleicht auch mal ein bischen auf sie schiessen?

    und wie gehts dann weiter wenn sie auch das nicht abschreckt?

    wie weit würde sie gehen?

  • """Die Kriege im Nahen Osten und Afrika werden die Menschen weiter aufs Meer treiben."""

     

    Bitte mal das Bild betrachten.

    Wo sind die Kinder??

    Es sind nur junge Männer auf Arbeitssuche.

     

    Libyen als Arbeitgeber hat Frankreich zerstört.

    Wieso werden diese Männer nicht nach Paris geschickt?

  • als unaufmerksamem leser, ist es ihnen vielleicht entgangen, dass ich mich auf die "sie-klaun-uns-unsre-jobs"-äusserung

    von MARKTLIBERALER bezog.

  • ich wäre vorsichtig damit, das sicher frustrierende leben eines arbeitslosen, mit dem eines unterernährten oder ertrinkenden zu vergleichen.

    in afrika wohnen 1,5 milliarden menschen? das sind ja 3 milliarden füsse! aber die wollen garnicht alle nach oiropa, die wären gern bei sich zu hause am kachelcouchtisch bei schnittchen und sportschau. stattdessen gibt es kein trinkwasser, schlechte, wenn überhaupt vorhandene medizinische versorgung und bildung, ach und diese unschöne sache mit den ganzen kriegen.

    was passieren wird? das selbe wie die letzten 20000 jahre: völker wandern und halten sich dabei nicht an oktroyierte grenzen.

    wer stetig waffen und korrumpierende konzerne exportiert bekommt was er will, aber eben auch flüchtlinge. besonders wenn es sich dabei um eines der reichsten resourcenlosen länder der welt handelt.

    • @stefan heinrich:

      ,

      Sie sollten wirklich "vorsichtig damit" sein, solchen Unsinn zu verbreiten. Seit wann habe ich das Recht mir das Auto eines anderen zu nehmen, weil in meinem der Aschenbecher voll ist?!

      • @addizzy:

        wer spricht von diebstahl?

        würden sie aussteigen wenn ihr auto brennt?

        • @stefan heinrich:

          ,

          .... aussteigen(?): Ja.

          Der Brand, unabhängig der Brandursache, berechtigt trotzdem nicht, sich ein fremdes Auto anzueignen oder in jenes einfach einzusteigen.

          Und die postkolonialen Brandursachen dürften ja wohl unstreitig Brandstiftungen seitens der Besitzer sein, weshalb inzwischen nicht wenige Afrikaner nach so etwas ähnlichem wie Kolonialismus-2.0 rufen – absurd.

          Schauen Sie sich aktuell die westafrikanischen Staaten mit ihrer wiederholten Ebola-Epidemie an – die betroffenen Staaten sind offenbar nicht mal in der Lage 'ihre' Bevölkerung über die mit Bushmeat verbundenen letalen Gefahren aufzuklären, geschweige denn, den offenen Handel & Konsum zu verbieten.

  • @ Stefan Heinrich

     

    Wo soll es hinführen, Herr Heinrich? Es gibt in Europa fast 30 Millionen Arbeitslose, in einigen südlichen Ländern wie Spanien bis zu 50% der jungen Menschen. In Afrika wohnen ca. 1,5 Milliarden Menschen, tendenz stark steigend. Selbst wenn wir eine Brücke über das Mittelmeer bauen und jeden aufnehmen, der herübergehen möchte, was meinen Sie, wird in Europa dann passieren?

  • Ein jeder Mensch muss in seiner Heimat in der Lage sein, von seiner Hände Arbeit leben zu können.

    Das geht aber nicht, weil z.B. europäische Fischfang flotten in industriellem Maßstab den afrikanischen Küstenfischern die Fische wegfangen, weil es hier in Europa Chick ist, sich "gesund" von Fisch zu ernähren.

    Wer den Afrikanern die Resorcen raubt, darf sich nicht wundern, wenn die Betroffenen dann buchstäblich ihren Ressourcen nach Europa hinterher laufen.

    Wer keinen afrikanischen Fisch mehr kauft, trägt eben auch dazu bei, den Völkerwanderungsdruck aus Afrika nach Europa wieder wegzunehmen.

    Und das ist nur ein Beispiel von vielen.

    Für mich haben sich Fischstäbchen hierzulande erledigt, seit ich weiss, dass der Krempel vor Afrika gefischt wird.

    Wer den Afrikanern ihre Ressourcen nicht mehr stiehlt, zwingt diese eben auch nicht mehr zu Migration.

  • bitte, hören sie nicht auf, die dinge beim namen zu nennen.

    es ist für viele mitbürger offenbar immernoch schwierig, die situation der flüchtlinge, mit der, der deutschen flüchtlinge nach WKII zu vergleichen. abgesehen vom humanitären verständnis, welches ich von uns dichte®n und denkern erwarte, ist es wohl zu schmerzhaft, sich die eigene mitverantwortung an katastrophen wie dem arabischen herbst und der desolaten wirtschafftlichen lage vieler afrikanischer länder, bewusst zu werden.

    dennoch wäre es wünschenswert, politische gräbenkämpfe nicht auf dem rücken von geflüchteten auszutragen.

    • @stefan heinrich:

      Die Situation ist nun mal nicht die Gleiche wie damals.

      • @Melissa:

        das leid unschuldiger ist immer das selbe.

  • Haben Migranten einen Anspruch darauf aufgenommen zu werden? Mich würde es mal interessieren, wie Mexikaner, die sich in ein morsches Boot setzen, in den USA empfangen werden. Italien muss unterstützt werden in den Bemühungen, die Migranten wieder in ihre Heimatländer zu bringen.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      lieber herr "menschenverstand"

      sie vergleichen äpfel mit birnen

      würden sie lieber durch unterlassene hilfeleistung, mord oder einen unfall durch fahrlässigkeit umkommen?

      woher kommen ihre eltern? und deren eltern? und deren eltern? vielleicht sind wir nur eine generation von einem leben auf der flucht entfernt also benutzen sie doch bitte ihren sog, gesunden menschenverstand wenn an einem konsens interessiert sind.

      • @stefan heinrich:

        In einer völlig überbelegten Nußschale über ein Meer zu fahren, ist fast schon bewußter Selbstmord. Wie kann man da so selbstverständlich davon ausgehen, es wird einen schon einer finden und rausziehen?

        • @ioannis:

          ja, es ist unfaßbar, daß menschen mehr angst vor ihrer heimat haben, als davor zu ertrinken, verkauft, vergewaltigt, entführt oder ermordet zu werden.

          darauf haben wir nur indirekt einfluß.

          auf das risikoreiche abdrängen und regelrechte internieren, durch unsere, leider immernoch, viel zu unbekannte grenztruppe können wir sehr wohl einwirken.

        • @ioannis:

          man muß schon sehr verzweifelt sein...

          • @stefan heinrich:

            Verzweiflung ist ja immer auch Aspekt von Selbstmord...

            • @ioannis:

              sie denken also es handele sich um kollektivsuizid? ich beneide sie um ihren fantasiereichen trollgeist

              • @stefan heinrich:

                Absolut nicht. Aber es ist ein Wagnis ohne viel Aussicht aufs Überleben.

                • @ioannis:

                  angenommmen, sie spingen im sommer, betrunken und überhitzt in einen stark befahrenen, kalten fluß, das ist dumm und fahrlässig. vielleicht haben sie auch einfach keine ahnung von den gefahren. finden sie, dass man sie retten sollte?

                  wäre es vertretbar ihren partner, aus kostengründen, neben ihnen ertrinken zu lassen?

                  bitte machen sie sich die ausmaße der tragödie bewußt.

                  was wollen sie mit ihrer aussage erreichen?

        • @ioannis:

          Hoffnung!!!!