Protest gegen Braunkohle: Greenpeace besetzt die Linkspartei
Umweltaktivisten werfen der Linkspartei Unglaubwürdigkeit beim Thema Kohleausstieg vor. Die reagiert auf den Protest wie auf die Kohle: gespalten.
BERLIN taz | Die Aktionsform war wohlvertraut, der Gegner eher ungewöhnlich: Greenpeace-Aktivisten haben am Montag die Bundeszentrale der Linkspartei in Berlin besetzt. Im Innenhof des Karl-Liebknecht-Hauses bauten mehrere Dutzend Mitstreiter sechs Zelte auf. An der Fassade entrollten Kletterer ein riesiges Transparent, auf dem sie der Linken – in Anlehnung an deren Wahlkampfslogan „100% sozial“ – vorwarfen, sie sei „100% unglaubwürdig“.
Der Protest richtet sich dagegen, dass sich die Partei zwar auf Bundesebene für einen Kohleausstieg ausspricht, in Brandenburg aber die Ausweitung der Braunkohleförderung unterstützt. Am 3. Juni will das rot-rote Kabinett dort die umstrittene Erweiterung des Tagebaus Welzow-Süd II beschließen.
„Der Parteivorstand darf das nicht einfach hinnehmen“, forderte Greenpeace-Energieexperte Karsten Smid. Braunkohle-Verstromung ist extrem klimaschädlich. Zudem werden für den Abbau riesige Landschaften zerstört und ganze Dörfer umgesiedelt.
Die Partei reagierte unterschiedlich auf den Protest: Linken-Chefin Katja Kipping zeigte sich solidarisch: „Wir sind uns zu 100 Prozent einig im Ziel“, sagte sie zu Greenpeace. „Raus aus der Kohle, rein in die Erneuerbaren.“ Kipping versprach, ein öffentliches Gespräch zwischen den Aktivisten, der Bundesspitze der Partei und der Brandenburger Linkspartei zu organisieren. Dies soll schon am Dienstag um 12 Uhr stattfinden.
Entscheidungen aus DDR-Zeiten
Der Parteivorstand bekräftigte am Montag einstimmig bei drei Enthaltungen die Forderungen aus dem Bundestagswahlprogramm, das einen Kohleausstieg und ein Verbot neuer Braunkohletagebaue fordert.
Der eigens angereiste brandenburgische Wirtschaftsminister Ralf Christoffers sagte hingegen, Braunkohle sei für mehrere Jahrzehnte unverzichtbar. „Man darf den Menschen keine kurzfristige Änderung versprechen.“ Mit dem geplanten Beschluss setzt Brandenburg seiner Auffassung nach nur eine Entscheidung um, die schon zu DDR-Zeiten gefallen sei. Zudem werde sie später erneut überprüft.
Deutlich genervt von der Aktion war die brandenburgische Linken-Fraktionsvorsitzende Margitta Mächtig. Die Forderung von Greenpeace nach einem öffentlichen Gespräch sei ein „Erpessungsversuch“ und kurzfristig auf keinen Fall zu realisieren. „Manche Menschen in diesem Land müssen auch arbeiten“, sagte sie.
Greenpeace will den Protest auf unbestimmte Zeit fortsetzen. Die Partei will sie offenbar zunächst gewähren lassen. Verhindert wurde lediglich das Aufstellen eines Dixi-Klos im Innenhof – mit Verweis auf Denkmalschutz und Einsturzgefahr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!