AfD-Veranstaltung in Bremen: Journalisten angegriffen
Sicherheitsleute greifen bei einer Veranstaltung der Alternative für Deutschland eine Journalistin und einen Fotografen an. Danach gab's Protest.
BREMEN taz | Bei einer Veranstaltung der Alternative für Deutschland (Afd) in Bremen ist es am späten Nachmittag zu Rangeleien gekommen. Während des Auftritts des Spitzenkandidaten Bernd Lucke griffen Sicherheitsleute die Journalistin und Rechtsextremismus-Expertin Andrea Röpke an. Ein freier Fotograf, der auch für die taz arbeitet, wurde von den Mitarbeitern der Bremer Firma A.R. Sequre bedrängt und geschubst, bis er zu Boden stürzte. Ihm und Röpke wurde versucht, die Kameras wegzunehmen.
Ein junger Mann aus dem Publikum protestierte lautstark gegen den Angriff auf die Journalisten. Ihm wurde ebenso wie Röpke und dem Fotografen Hausverbot erteilt. Der Organisator der Veranstaltung vom Bremer Landesverband verweigerte nach dem Vorfall auch der taz den Zutritt. Die Polizei, die mit mehreren Mannschaftswagen im Einsatz war, setzte dies entsprechend durch.
„Wir haben nichts anderes gemacht als die Kollegen“, sagte Andrea Röpke später zur taz. „Ich hatte das Gefühl, dass es vor allem ehemalige Anhänger anderer rechter Parteien waren, die veranlasst haben uns rauszuwerfen.“ Sogar ein Sprecher der Afd habe ihr verboten ihn zu filmen. „Das ist kein Umgang einer demokratischen Partei“, so Röpke.
Bereits vor Luckes Auftritt war die Stimmung angespannt. Etwa 70 DemonstrantInnen hatten sich mit Transparenten, Megaphon und Trillerpfeifen vor dem Konsul-Hackfeld-Haus postiert. Sie riefen Parolen gegen Nationalismus und Rechtspopulismus. In der Nacht waren Türen und Fenster des Hauses mit pinken Farbbeuteln beworfen worden. In dem Haus, das dem Christlichen Verein Junger Menschen (CVJM) gehört, ist regelmäßig auch die Linkspartei zu Gast.
Protest der Antifa
Die Bremer Antifa-Gruppe Avanti hatte gefordert, die Veranstaltung abzusagen und „Rechtspopulismus und Menschenverachtung keinen öffentlichen Raum ermöglichen“. Über die Mieter sei er „nicht sehr glücklich“, sagte Haus-Geschäftsführer Frank-Martin Baumann zuvor der taz. Die Veranstaltung sei „reingerutscht“, die Verträge nun aber gültig.
Kurz nach dem Angriff auf die Journalisten machte eine kleine Gruppe von Jusos im Publikum mit Trillerpfeifen Lärm. Er habe die Parole „Keine Macht dem Rechtspopulismus gerufen“, so der 19-jährige Martin. Auf Fotos einer Fotografin der Bild-Zeitung ist zu sehen, wie die Sicherheitsmänner ihn von hinten im Würgegriff packen.
Schon bei der letzten Afd-Großveranstaltung im September 2013 war es zu Tumulten gekommen: Afd-Chef Lucke war von der Bühne geschubst worden. Damals schien der Partei die Presse noch recht zu sein: Da die Polizei über ihre Pressestelle die Angaben der Afd verbreitete, die eine Messer-Attacke und bis zu 25 vermummte Angreifer gesehen haben wollte, kam es mitten im Bundestags-Wahlkampf zu landesweiter Resonanz.
Lucke hatte damit eine Steilvorlage: „AfD-Chef verlangt schärferes Vorgehen gegen Linksextreme“, titelte Zeit.de. Bremens Polizeipräsident musste jedoch später eingestehen, dass der Tathergang deutlich undramatischer war. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelt nur gegen drei der Störer, ein Messer war ihren Erkenntnissen nach nicht im Spiel. Im aktuellen Wahlkampf fordert die AfD nun Polizeischutz – ein Schutz anscheinend auch vor kritischer Berichterstattung.
Der Münsteraner Soziologe Andreas Kemper, der sich eingehend mit der AfD beschäftigt, verweist derweil auf die antidemokratische Ausrichtung der Partei. Sie beabsichtige die Zurückdrängung der demokratischen Parteien, um die sozialen Sicherungssysteme abzubauen. „Das ist die eigentliche Agenda“, sagt Kemper der taz, auch wenn das Wahlprogramm „bewusst weichgespült“ sei. Ein Beispiel: Obwohl der kürzlich gewählte Landesvorsitzende der AfD in Nordrhein-Westfalen seine Äußerungen über die Abschaffung des parlamentarischen Systems als Privatmeinung deklariere, gehöre dieses Ziel zur Programmatik großer Teile der AfD.
„Nepper, Schlepper, Euro-Retter“ ist auf den AfD-Plakaten zu lesen, die auch im Umfeld des Bremer Hackfeld-Hauses hängen. „Hier ist die AfD in ihrem Element“, sagt Kemper, der der Partei sechs Prozent der Wählerstimmen zutraut.
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