Netz-Reaktionen auf Merkels Sturz: Breaking News
Die Bundeskanzlerin bricht sich beim Skifahren den Beckenring. Journalisten sind ganz aufgewühlt, Twitter-Nutzer humoristisch angeregt.
BERLIN taz | Den besten Witz lieferte Regierungssprecher Steffen Seibert gleich selbst. Auf einer Bundespressekonferenz teilte er mit, Angela Merkel sei beim Skifahren in der Schweiz gestürzt und habe sich dabei eine Beckenverletzung zugezogen. Seibert: „Sie ist hingefallen. Beim Langlauf. Wir gehen von niedriger Geschwindigkeit aus.“
Zwar hat sich die Kanzlerin einen „unvollständigen Bruch im linken hinteren Beckenring“ zugezogen, doch ernsthafte Sorgen müsse man sich wohl nicht machen, so der Subtext. Kein zweiter Fall Schumacher also – auch wenn die Medienlandschaft erneut fast kollabiert. Kaum ein großes Online-Portal, das den „Po-Falla“ nicht zur Topmeldung macht („Breaking News“). Die Nachriichtenagentur dpa liefert bereits Hintergründe zum Beckenring, auf einen ARD-Brennpunkt am Abend darf man gespannt sein.
Auch bei Twitter katapultiert sich der Hashtag #Merkel in Windeseile in die Spitzenposition. Für viele User liegt besonders der Vergleich mit dem Rennfahrer auf der Hand. So twittert Poseidon: „Was tun Groupies alles, um bei Schumi auf die Station zu kommen“. Jan Jansen schreibt: „Kann natürlich eine Solidaritätsunfall mit der bevorzugten Bevölkerungsschicht sein“. Für Sebastian S. sind „seit mehr als 65 Jahren nicht mehr so viele Deutsche gefallen“. Dass es Merkel gar nicht so schlimm getroffen haben könnte, ist Herr Koch folgenden Tweet wert: „Böse Zungen behaupten bereits, Merkel sei durch den Sturz aus dem künstlichen Koma der GroKo-Verhandlungen erwacht“.
Besorgt zeigen sich viele User um die politischen Konsequenzen des Missgeschicks in der Loipe. So fragt Frieda sich: „Was nun, Frau Merkel? Entscheidungen Aussitzen ist ja dann wohl erstmal nicht mehr.“ „Ist das schon der vielfach befürchtete Bruch der neuen Koalition?“, zeigt sich Michael Braun besorgt, und lofi42 weist richtigerweise darauf hin: „Merkel wurde nicht gestürzt. Sie ist eingeknickt.“ Auch an die Hilfe für die fortan Gehbehinderte wird gedacht: „Merkel braucht demnächst Krücken. Kein Problem. Davon hat sie ja genug im Kabinett“, twittert Dr. Daini.
Merkel muss auf Grund ihrer Verletzung ihren für diese Woche geplanten Besuch in Polen absagen, ebenso wie den Antrittsbesuch des luxemburgischen Ministerpräsidenten in Berlin, doch noch ernsthaftere diplomatische Konsequenzen bleiben ihr wohl erspart: „Da der Unfall in der Schweiz passierte hat Merkel auch nicht gegen gültiges EU Recht verstoßen“, weiß Uwe Ostertag. Innenpolitisch könnte es hingegen schwierig werden. Vielen Nutzern sticht insbesondere eine Ähnlichkeit ins Auge: „Merkel hatt sich stark geprellt! Nichts gebrochen. Geprellt hat sie uns BürgerInnen und gebrochen hat sie die Wahlversprechen“, schreibt Privatini Tierschutz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Machtkämpfe in Seoul
Südkoreas Präsident ruft Kriegsrecht aus
Nikotinbeutel Snus
Wie ein Pflaster – aber mit Style
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader