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Abmahnungen wegen Pornogucken„Heiße Geschichten“ auf Redtube

Hunderten Nutzer der Porno-Seite „Redtube“ bekommen derzeit Abmahnungen. Vieles deutet darauf hin, dass sie nicht gegen das Gesetz verstießen.

Legal oder illegal? Jedenfalls Porno. Bild: dpa

BERLIN taz | Hunderte Internetnutzer sind in den vergangenen Tagen abgemahnt worden: Weil sie Pornos auf der Videoseite Redtube geschaut haben. Das berichten eine Reihe von Fachanwälten, die sich mit Abmahnungen im Netz beschäftigen. Dabei geht es um Videos mit Titel wie „Miriam's Adventures“, „Hot Stories“ oder „Amanda's Secret“, auf die eine Schweizer Firma mit dem Namen The Archive AG Anspruch erhebt.

Den Berichten zufolge fordern die Abmahner nur 15,50 Euro Schadenersatz, insgesamt mit Anwaltskosten allerdings 250 Euro. Einige Empfänger hätten auch mehrere Abmahnungen bekommen, sodass die Kosten für sie höher seien. Außerdem sollen die Abgemahnten eine Unterlassungserklärung abgeben. Allein die Kanzlei Wilde Beuger Solmecke berichtet, von 600 Abgemahnten angerufen worden zu sein. Ihre Website zum Fall sei am Wochenende mehr als 20.000 Mal aufgerufen worden.

Neu ist daran, dass es hier um Streaming-Videos geht und nicht um die Filesharing-Anwendung BitTorrent, bei der Nutzer eine Datei herunterladen, gleichzeitig aber auch anderen anbieten. Laut dem Rechtsanwalt Udo Vetter beziehen sich die Abmahnungen auf das Urteil im Fall von Kino.to, bei dem das Gericht festgehalten hatte, dass auch Streaming eine Vervielfältigung darstelle – und wenn es unerlaubt stattfindet, eine Urheberrechtsverletzung ist.

„Die Abmahner vergleichen hier Äpfel mit Birnen“, kommentiert Vetter das Vorgehen, denn beim Urteil sei es um die Anbieter gegangen und nicht die Nutzer. Vetter und andere Fachanwälte gehen davon aus, dass es sich bei den Fällen um Privatkopien handelt, da die Nutzer das Video niemandem anbieten. Und die sind erlaubt, wenn sie nicht von einer „offensichtlich rechtswidrigen Kopie“ hergestellt wurden.

Aber dass diese Tatsache für einen Nutzer von Redtube offensichtlich gewesen sein soll, scheint sehr unwahrscheinlich. Redtube gehört wie auch Youporn und Pornhub zum Konzern Manwin. Der Konzern, der auch selbst Pornos herstellt, hat das Zusammenspiel von kostenlosen Kurzversionen und bezahlten Langversionen optimiert. Auch andere Pornoproduzenten laden Kurzversionen ihrer Filme auf die Manwin-Seiten hoch, umgeben von Bannerwerbung für ihre Websites, wo das vollständige Video gegen Geld erhältlich ist.

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12 Kommentare

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  • Heutzutage wird man aber auch für fast alles abgemahnt. Nicht nur für das Streamen von Pornos kann man eine Abmahnungen bekommen, sondern auch für das anschauen von Kinofilmen im Internet, wenn man für diese nicht zahlt.



     

     

    Link entfernt. Bitte keine Werbung.

  • B
    bigBayer

    Ich fürcht nur das irgendwann ein Anwalt auf die Idee kommt über ein Werbebanner die IP-Adressen von Youtube Nutzern ausfindig zu machen.

    Denn da gäb es noch mehr zu holen.

    Gleiche Technik -aber deutlich mehr Nutzer und viel mehr Filem mit zweifelhaftem Rechtlichen Hintergrund.

  • Derzeit ist es nicht einmal für Rechtsprofessoren klar, was man im Internet noch darf und was nicht. Im Zweifel kostet jeder Mausklick zusätzlich Geld, so dass man von der Nutzung des Internets als Privatperson eigentlich nur noch abraten kann. Als nächstes werden dann Leute abgemahnt, die Songs aus dem Radio nachpfeifen.

  • M
    Maverick

    Schon aus Scham werden viele der Betroffenen die geforderte Summe zahlen und der Anwaltskanzlei damit einen netten Weihnachtsbonus bescheren.

     

    Worin ich aber noch ein größeres Problem sehe, ist, dass so ein Brief zu menschlichen Tragödien führen kann, denn schließlich geht es hier nicht darum, dass man sich den neuesten Kinofilm im Internet angeschaut hat, sondern um eine wirklich intime Sache. Was, wenn Jugendliche die 'Täter' sind (die sich offiziell noch nicht einmal auf dieser Seite befinden dürften), weil sie einfach mal 'neugierig' sind, und dann bekommen deren Eltern dieses Abmahnschreiben in die Hand. Noch drastischer dürfte es da bei nicht geouteten Jugendlichen werden, die sich vielleicht einen Schwulenporno angeschaut haben: dann fragen die Eltern: "Du, hast du dir etwa den Film 'Karl f***t Tom in Barcelona' angeschaut?" So ein Outing wäre doch unzumutbar!

     

    Ich finde es unverantwortlich, dass eine Kanzlei derart scharf (und anscheinend legal) in die Intimsphäre der User eingreifen und daraus Profital schlagen kann.

  • RD
    Rainbow Dash

    @ Lars: Vermutlich erfasst Redtube, wie viele andere Websites auch (u.a. die "ganz Großen" Google, Facebook), IP-Adressen und Surfverhalten und verkauft das ganze dann als Paket weiter, i.d.R. an Firmen, die damit personalisierte Werbung schalten. Oder eben Abmahnungen verschicken.

  • L
    Lars

    Wie sind die Abmahnet überhaupt an die persönlichen Daten der Betrachter_innen gekommen?

     

    Frage ich mich so. Die IP-Adressen hat doch eigentlich nur RedTube als Anbieter des Streams, die Zuordnung dann nur der Provider. Da es sich nicht wie bei BitTorrent um verteilte Netze handelt lassen sich andere Downloader_innen ja auch nicht einfach durch "mitgucken" ermitteln.

     

    Irgend jemand ne Idee?

  • 7G
    774 (Profil gelöscht)

    Ein "Rechtsstaat" ist doch echt das Paradies für windige Anwälte. Auf aberwitzige Art und Weise läßt sich hier mit Hilfe des Gesetzes abzocken. Die Ehrlichkeit fördert so ein Staat bestimmt nicht.

    • M
      MdAbzocker
      @774 (Profil gelöscht):

      Im deutschen Bundestag sitzen jede Menge Anwälte, die sich ständig neue Abzockermethoden ausdenken. Das lief mit den Zuweisung Internet-Zugang=Rundfunkgerät nicht anders.

    • @774 (Profil gelöscht):

      genau, in nordkorea gäbe es sowas sicher nicht...

      • 7G
        774 (Profil gelöscht)
        @Lasse Einparkinson:

        Ja, ein mieseres Schwein, als man selbst, findet man immer.