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Schwarz-rote KoalitionsgesprächeKohle-Kraft verhandelt Energiewende

Die NRW-Ministerpräsidentin führt für die SPD die Gespräche mit Umweltminister Peter Altmaier. Das verheißt nichts Gutes, befürchten Umweltschützer.

Das SPD-Ziel scheint zu sein, so Greenpeace, die Kohleverstromung auf hohem Niveau halten: Tagebau Garzweiler bei Köln. Bild: dpa

BERLIN taz | Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sollen nach Informationen aus Parteikreisen das Thema Energie in den Gesprächen zur Regierungsbildung verhandeln. Kraft gilt als Vertreterin des sogenannten Kohleflügels der Sozialdemokraten, dem vor allem Genossen aus NRW und Brandenburg angehören.

Bei Umweltschützern stieß ihre Nominierung daher auf Kritik: „Das verheißt nichts Gutes für die Energiepolitik“, sagte Gerald Neubauer von Greenpeace der taz. „Für die SPD scheint die Energiewende darin zu bestehen, den Atomausstieg umzusetzen und gleichzeitig die Kohleverstromung auf hohem Niveau beizubehalten.“ Es sei unklar, wie die SPD so ihre Wahlziele umsetzen wollte. Im Wahlprogramm hatte die Partei noch einen Anteil von 75 Prozent erneuerbare Energieren an der Stromversorgung im Jahr 2030 gefordert.

Die NRW-SPD hat sich in der Vergangenheit immer wieder für ein Bremsen der Energiewende stark gemacht: So drohte Kraft 2011 mit der Ablehnung der Merkelschen Energiewende im Bundesrat. Sie setzte sich vor allem für die Befreiung zahlreicher Unternehmen von der Umlage für erneuerbare Energien ein. Dies geschah auch im Hinblick auf energieintensive nordrhein-westfälische Betriebe wie Aluminiumhütten und Stahlwerke, die mit ihrem Abwandern ins Ausland bei höheren Strompreisen gedroht hatten.

Gleichzeitig unterstützt die SPD den Bau neuer Kohlekraftwerke. Dazu zählt etwa das Steinkohlekraftwerk in Datteln 4, dessen Genehmigung vor Gericht wegen eines schweren Planungsfehlers für unrechtmäßig erklärt worden war. Nun soll in einem neuen Anlauf nachträglich die Betriebserlaubnis erteilt werden.

Auch der vom Energieriesen RWE geplante Bau eines neuen Braunkohlekraftwerks in Niederaußem wird von den Sozialdemokraten unterstützt. Während der Steinkohlebergbau an Rhein und Ruhr 2018 zu Ende geht, soll der Braunkohletagebau bei Garzweiler noch jahrzehntelang weiter betrieben werden.

„Dann schließt auch das letzte Hallenbad“

Die SPD treibt nicht nur die Sorge um die Zukunft der Energiekonzerne um, sondern auch die um ihre Kommunen. Städte wie Dortmund und Bochum sind Anteilseigner bei Konzernen wie RWE und Steag. Schütten sie wegen der Energiewende weniger Gewinn aus, schlägt sich dies unmittelbar auf die städtischen Haushalte nieder.

Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hatte daher erst vor wenigen Tagen die Befürchtung geäußert, dass die Energiewende für NRW-Kommunen drastische Folgen haben könnte: „Wenn dort die Verluste von den Kraftwerken reinregnen und die Städte Wertberichtigungen vornehmen müssen, dann wird das eine Katastrophe. Da schließt dann auch das letzte Hallenbad, weil die Kraftwerke so hohe Verluste produzieren“, sagte Duin der Wirtschaftswoche. Bei Gesprächen mit Kämmerern schlage ihm „die nackte Not“ entgegen.

Als Konsequenz forderte Duin bis zu sechs Milliarden Euro Subventionen pro Jahr für die Betreiber fossiler Kraftwerke – als Belohnung dafür, dass sie Kraftwerke als Energiereserve vorhielten.

Zugleich verlangte er, das Ausbautempo bei regenerativen Energien zu senken und noch mehr Unternehmen von den Ausnahmeregeln bei der Erneuerbaren-Umlage profitieren zu lassen. Die derzeitige Grenze, um diese in Anspruch nehmen zu können – die Energiekosten müssen mindestens 14 Prozent des Umsatzes betragen –, sei zu starr.

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9 Kommentare

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  • "Die SPD treibt nicht nur die Sorge um die Zukunft der Energiekonzerne um, sondern auch die um ihre Kommunen. Städte wie Dortmund und Bochum sind Anteilseigner bei Konzernen wie RWE und Steag."

     

    Das sollte öfter betont werden wenn die EEG Hyperfreunde von Stromkonzernen sprechen. Diese Stromkonzerne sind zu großen Stücken in Staatsbesitz. Ganz im Gegensatz zu den EEG. "Dezantralität" klingt toll. Es heißt aber de facto auch: Weg aus kommunalen Besitz, hin zu Oberschichtbesitz. Verkaufen tun es uns die EEGler aber anders!

    • P
      Projektierer
      @Tim Leuther:

      @Tim Leuther

      Ich bin Projektentwickler für Windenergieanlagen und momenan entwickeln wir für 5 Gemeinden Windparks, die diese auch selbst betreiben möchten. Die andere Hälfte der Projekte sind bei uns fast nur Bürgerwindparks. Somit erzeugen wir sauberen Strom und die Wertschöpfung bleibt in der Region.

      Gerade von Großkraftwerken wie das KKI profitieren nur die Gemeinden, in denen die Anlage ihren Sitz hat.

      Somit kann ich Ihre Bedenken aus eigener Erfahrung nicht nachvollziehen.

    • G
      Gast
      @Tim Leuther:

      Die Solaranlage auf der Braunkohlehalde in meinem Heimatdorf gehört der Gemeinde und finanziert durch die sicheren Einnahmen viele öffentliche Leistungen wie z.B. das lokale Freibad.

       

      Den Kommunen in NRW steht es doch jederzeit offen ihre Anteile an den EVUs (sind ja Aktiengesellschaften) auf den Markt zu geben und zu verkaufen. Der Artikel tut so, als wären die Kommunen per Eheversprechen an die Versorger gebunden, vielmehr liegt es aber an Einzelpersonen und deren exponierte Rolle in der Energiewirtschaft.

      • @Gast:

        Was ist das mit der AG für eine verquere Behauptung? Ihre Gemeinde kann die Solaranlage übrigends auch jeder Zeit verkaufen. Nur wegen der AG kann man die Aktien doch nicht einfach verkaufen, beii so großen Paketen. Abgesehen davon sind die Kurse im keller, die Kurse sind ja die prognostizierten zukünftigen Gewinne. Ihre Kommune lebt nur von den Subventionen der Stromkunden.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Tim Leuther:

      Die heutigen Stromkonzerne entstanden aus zahlreichen Fusionen kommunaler und regionaler EVU, der "Staatsbesitz" hält sich in Grenzen.

      Auch die großen Konzerne können am Ausbau der EE teilnehmen, indem sie z. B. Offshore-Windparks bauen, die ihnen die Existenz für die nach-fossile und nach-atomare Zeit sichern sollten.

      Nun zur Dezentralität: Die sorgt dafür, dass Strom dort produziert wird, wo er benötigt wird, also sicher nicht auf hoher See. Sie sorgt auch dafür, dass die Erneuerbaren unter Beteiligung zahlreicher kommunaler Stadtwerke vorankommen. Mit "Oberschichtbesitz" hat die dezentrale Stromerzeugung also nichts zu tun. Ich schlage Ihnen vor, sich selbst an einer dieser zahlreichen Energiegenossenschaften zu beteiligen, wo sie vielfach schon mit 500 Euro einsteigen können, wahrlich kein Oberschichtvermögen...

      • @571 (Profil gelöscht):

        In Grenzen? Haben sie mal nachgeschaut wem was im Energiesektor gehört?

        EnBW - 100% Staatlich

        RWE - 25% Staatlich

        Das sind erhebliche Anteile.

         

        Vattenfall 100% Staalich (Gut, Schweden, aber mit den Dividenden bezahlen die die ganzen Asylbewerber wofür die jetzt immer beklatscht werden)

        Selbst das Staatsferne eon gehört zu 3% Norwegen

         

        "Nun zur Dezentralität: Die sorgt dafür, dass Strom dort produziert wird, wo er benötigt wird"

        Das ist absoluter quark. EE wird dort hergestellt wo man ihn am besten herstellen kann, die Erzeuger kümmern sich dann einen pfifferling wie er zum Kunden kommt, weder geograähis, noch zeitlich. Das ist absolute Fehlinformation das die "Dezantralität" bei der Stromerzeugung irgendwas mit lokalem Verbrauch zu tun hat. Das war eher in der alten Energiewirtschaft der Fall wo Steinkohle und Atomkraft in der Region abgenommen wurde und nicht quer durch die Republik geschifft wird.

         

        Und das mit den 500 Euro ist auch Fehlinformationen. Wer hat denn am öftesten 500 Euro? Die Oberschicht. Man kann auch für 50 Euro Staatsanleihen kaufen, wer würde deshalb behaupten der deutsche Staat wäre bei der Unterschicht verschuldet?

        • @Tim Leuther:

          Das kenn ich aus meiner eigenen Kommune: Die Staatlichkeit bzw. Öffentlichkeit des Energieversorgers untergräbt die gesamte Komunalpolitk - bei allen Parteien, fast egal welcher Farbe: ob schwarz, rot, gelb oder sogar dunkelrot. Einzige Ausnahme in MEINER Kommune (das muss nicht überall so sein) - die Farbe grüne, die aber bei ihrer "Stärke" in Ostdeutschland naturgemäß nicht viel dazu retten kann.

           

          Weg mit der Scheinöffentlichkeit der Energieversorgung.

           

          Die SPD-seitige Leitung der Energiewende-Gespräche durch Frau Kraft ist ein Kathastrophe, die aber genauso zu erwarten war.

        • @Tim Leuther:

          @Tim Leuther: Ich würde Ihnen vorschlagen, das Wort „Genossenschaft“ nachzuschlagen.