Umweltaktivist über Fracking: „Ganz Amerika ist Forschungsfeld“
Am Wochenende treffen sich Bürgerinitiativen gegen die Abbaumethode Fracking aus ganz Deutschland. Sie befürchten Zustände wie in den USA.
taz: Bürgerinitiativen gegen Fracking treffen sich am Wochenende zu einer Konferenz. Kann man schon von einer bundesweiten Anti-Fracking-Bewegung sprachen?
Andy Gheorghiu: Ich denke, dass man die stetig wachsende Gemeinschaft der Anti-Fracking-Organisationen durchaus als bundesweite Bewegung bezeichnen kann. Natürlich arbeitet jede Gruppe speziell an ihrem Standort. Da aber auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene agiert wird und agiert werden muss, ergibt sich die Notwendigkeit einer starken Verflechtung. Dennoch ist jede Gruppe autark.
Gibt es denn bundesweite Forderungen?
Der 38-jährige Verwaltungsfachangestellte ist Mitglied der Bürgerinitiativen „Fracking freies Hessen“ und „Für ein lebenswertes Korbach“.
Ja, die wurden schon im vergangenen Jahr in einer Resolution formuliert. Am Wochenende werden wir sie wahrscheinlich etwas modifizieren. Ohne dem vorgreifen zu wollen, denke ich, dass die Kernforderungen bestehen bleiben. Erstens: bundesweites Fracking-Verbot, egal ob mit oder ohne Einsatz giftiger Chemikalien.
Zweitens: bundesweites Verbot des Verpressens von Fracking-Abwässern sowie von radioaktivem und schwermetallhaltigem Lagerstättenwasser. Und schließlich: konsequentes Umsetzen der bereits beschlossenen Klimaschutzziele auf nationaler und europäischer Ebene.
Was sind das für Leute, die sich beteiligen?
Die aktiven Mitglieder der Initiativen spiegeln die berühmte Mitte der Gesellschaft wider. Und was die Bevölkerung insgesamt betrifft: Ich habe noch in keinem Gespräch gehört, dass jemand, der sich auch nur ein bisschen mit der Materie auseinandergesetzt hat, Fracking für sinnvoll, wirtschaftlich, nachhaltig oder umweltverträglich hält.
Bekommen Sie Unterstützung aus der Politk?
ist eine Methode, Erdöl und Erdgas zu fördern: Eine mit giftigen Chemikalien versetzte Flüssigkeit wird unter Druck in Gestein gepresst, das aufbricht, die Rohstoffe entweichen. Ist wegen hoher Umweltbelastungen umstritten. (ia)
Bei fast allen Parteien gibt es auf kommunaler Ebene ein erstaunlich klares Nein zum Fracking. Die Landtags- und Bundestagsabgeordneten, die in ihrer Region unmittelbar mit Fracking konfrontiert sind, sprechen sich ebenfalls mehrheitlich gegen das Fracking aus. Leider spiegelt sich das oft nicht in den Parlamenten wieder.
Sondern?
Im November 2012 wurde im Bundestag ein Fracking-Verbots-Antrag der Linken mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung von SPD und Grünen abgelehnt.
Umweltminister Peter Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler empfehlen nun Forschungsbohrungen. Können Sie sich damit anfreunden?
Nein. Als ob wir nach dem Haufen Studien und faktischen Vorfällen immer noch nicht wüssten, was dieses Verfahren für immense Umweltauswirkungen hat. Geld für Forschungsbohrungen ausgeben, während Mittel für den Ausbau der erneuerbaren Energien gestrichen werden, ist als ernst gemeinter Vorschlag ein schlechter Witz.
Ganz Nordamerika ist momentan ein Forschungsfeld. Da könnten wir uns mal vor Ort von der Beherrschbarkeit der Technik einen Überblick verschaffen. Natürlich ohne uns vorher anzukündigen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“