Klage gegen Wasserverträge: Nur Grüne zaudern noch
Piraten wollen gegen Privatisierung der Wasserbetriebe klagen, notfalls auch allein. Die Linke ist gesprächsbereit, die Grünen bremsen.
Die Piratenfraktion hat beschlossen, die Verträge zur Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe (BWB) mit einer Organklage vor dem Landesverfassungsgericht anzufechten. „Die Wasserverträge sind sittenwidrig und verfassungswidrig“, so der Piraten-Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner. „Wir unterstützen den Wassertisch in seinen Forderungen, die Wasserbetriebe zu rekommunalisieren, und die Klage soll dazu beitragen.“
Die Initiative Berliner Wassertisch hatte am vergangenen Donnerstag eine Stellungnahme des Verfassungsrechtlers Christian Kirchberg vorgestellt. Ihm zufolge ergibt sich durch den Rückkauf des 25-Prozent-Anteils der Wasserbetriebe von RWE, den das Land im Oktober getätigt hat, die Möglichkeit, die Gewinngarantie für die privaten Anteilseigner der Wasserbetriebe anzufechten. Klageberechtigt sei jede im Abgeordnetenhaus vertretene Fraktion. Kirchberg erklärte sich auch bereit, die Klage zu formulieren – für ein Honorar von 30.000 Euro plus Mehrwertsteuer.
Die Linksfraktion hat am Dienstag beschlossen, Kirchberg zu beauftragen – wenn auch die beiden anderen Oppositionsfraktionen mitmachen und man sich die Kosten teilt. Da machen jedoch die Grünen nicht mit: Sie halten die bereits eingereichte Normenkontrollklage, die sich juristisch von der Organklage unterscheidet, für ausreichend. Die Piraten wollen aber auf jeden Fall klagen. Laut Claus-Brunner werden sie mit der Linksfraktion und Anwalt Kirchberg in den nächsten Tagen über die Kosten verhandeln. Falls es keine Einigung gibt, wollen die Piraten einen eigenen, günstigeren Anwalt beauftragen.
Gewinngarantie ohne gesetzliche Grundlage
Bei der Organklage würden die Piraten argumentieren, dass der Senat gegen das Recht des Parlaments verstoßen hat, über den Landeshaushalt zu entscheiden. Laut Verfassung dürfen Sicherheiten nur auf Basis eines vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Gesetzes gegeben werden. Die Gewinngarantie in den Verträgen zwischen Senat und privaten Anteilseignern sei eine solche Sicherheit, für die es keine gesetzliche Grundlage gebe.
Bereits vor Gericht liegt eine Normenkontrollklage von Grünen und Piraten. Eine solche Klage kann sich jedoch nur gegen Gesetze richten, nicht gegen Verträge. Die beiden Fraktionen bemängeln in der Klage, dass das Betriebe-Gesetz an einer Stelle nicht konkret genug formuliert sei. Es geht um eine Stellschraube in der umfangreichen Formel, nach der die Wasserpreise berechnet werden. Die Gewinngarantie in den Wasserverträgen wird mit dieser nicht angefochten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour