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Peer Steinbrück und das GeldSPD streitet über das Kanzlergehalt

Nach Peer Steinbrücks Kritik am Kanzlergehalt streitet die SPD über ihren Spitzenkandidaten. Ex-Kanzler Schröder empfahl Steinbrück einen anderen Beruf.

Findet seinen Wunschjob unterbezahlt: Peer Steinbrück Bild: dpa

BERLIN afp | Nach der Kritik des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück am seiner Ansicht nach unzureichenden Gehalt des deutschen Regierungschefs ist in der SPD eine heftige Debatte entbrannt. Zahlreiche SPD-Politiker widersprachen Steinbrücks Äußerung, wonach die Bezüge der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers unangemessen niedrig seien. Andere unterstützten Steinbrück oder kritisierten die Diskussion als „aufgebauscht“.

„Die rund 220.000 Euro Jahresgehalt für eine Kanzlerin oder einen Kanzler sind eine gute Regelung. Kanzler, mit der 24-Stunden-Verantwortung für unser Land, müssen finanziell abgesichert sein. So abgesichert, dass sie ihr Gehalt auch nicht mit Vortragsreisen aufbessern müssen“, sagte der langjährige Bremer Bürgermeister Hennig Scherf der Bild. Scherf kritisierte, die Managergehälter seien zu hoch, nicht die Entlohnung des Regierungschefs zu niedrig.

Ähnlich äußerte sich auch der frühere SPD-Vorsitzende Björn Engholm. „Ich gehe davon aus, dass man vom Gehalt des Bundeskanzlers leben kann. Man darf die Einkünfte eines Kanzlers nicht mit den völlig überhöhten Bezügen mancher Vorstände vergleichen“, sagte Engholm der Bild. Der SPD-Linke Carsten Sieling sagte, viele Berufe seien unterbezahlt, andere Personen etwa in der Bankbranche kriegten dagegen viel zu viel. „Darum sollten wir uns kümmern.“

„Ökonomische Markt-Wahrheiten sind ein schlechter Maßstab für politische Werte“, sagte auch der SPD-Abgeordnete Ernst Dieter Rossmann der Berliner Zeitung. Richtig sei, dass „sogenannte Spitzenkräfte in der Wirtschaft“ zu hoch bezahlt würden, „bis hin zur Obszönität“. Der SPD-Abgeordnete Rüdiger Veit sagte der Bild, um Geld zu verdienen, gehe man nicht in die Politik. Zugleich rief er dazu auf, die Debatte nicht weiterzuverfolgen.

„Grauenvoll ungeschickt“

Mehrere SPD-Abgeordnete sprangen dagegen ihrem Kanzlerkandidaten bei. Wenn der Sparkassenpräsident ein Vielfaches des Gehalts der Kanzlerin verdiene, sei das keine leistungsgerechte Bezahlung, sagte Florian Pronold. Steinbrück habe da nur eine Binsenweisheit wiederholt. „Es kann nicht sein, dass das reichste Land Europas seinem Regierungschef eines der geringsten Gehälter zahlt“, sagte auch Karl Lauterbach. Steinbrück habe in der Sache vollkommen recht.

Rückendeckung erhielt Steinbrück auch von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Er wertete am Montag im Deutschlandfunk die Äußerung des Kanzlerkandidaten als „eine Feststellung, die schon viele andere gemacht haben“. Diese Bemerkung Steinbrücks werde „nun ganz systematisch aufgebauscht“. Thierse räumte allerdings ein, der Kanzlerkandidat habe sich vielleicht etwas unglücklich geäußert.

Der Parteienforscher Jürgen W. Falter nannte es „grauenvoll ungeschickt“, als Kanzlerkandidat das Thema aufzubringen. „Es wirkt, als wolle er mehr Geld haben und verhandele bereits im Vorfeld darüber“, sagte Falter der Passauer Neuen Presse. „Das ist taktisch sehr, sehr ungeschickt, unsensibel und verfehlt.“

Am Wochenende hatten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) deutlich gemacht, sie hielten das Kanzlergehalt für ausreichend. „Wem die Bezahlung als Politiker zu gering ist, der kann sich ja um einen anderen Beruf bemühen“, sagte Schröder.

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16 Kommentare

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  • W
    Winni

    Taktisch total daneben - dafür aber brutal ehrlich.

    So wünsche ich mir Politiker. Im Amerika gibt es

    ein Sprichwort, welches lautet : " Wenn man nur

    mit Erdnüssen zahlt, züchtet man sich Affen ".

    Das ist nämlich unser Problem in Deutschland.

    Die Fähigsten wechseln aus der Politik in die freie

    Wirtschaftschaft weil dort viel mehr gezaht wird.

    Und der Rest bleibt in der Politik. Das ist dann

    meistens nur noh zweite oder dritte Wahl. Deshalb

    tummlen sich in der Politik auch sehr viele Dilettanten. Deswegen die Spitzenkräfte - gerade wegen der Verantwortung excellent entlohnen. Das wäre

    für das ganze Land unter dem Strich nur von Vorteil. Solange nur Taktiker der Parteien das Land führen,

    kann sich nichts zum Guten wenden !

  • JK
    Juergen K.

    Wenn Steinbrück nicht mehr Geld bekommt,

    kann er ja die Armani-Anzüge von Schroeder auftragen.

  • O
    Ott-one

    Keiner will mehr merken, was überhaupt zur Zeit abläuft. Seht ihr denn nicht, warum läßt der Herr Steinbrück kein Fettnäpfchen aus? Wie manche Schreiber ihn hinstellen, alles nur geplant!

    Er hält der Kanzlerin den Rücken frei. Dafür opfert er sich. Zum Finanzminister reicht es allemal.

    Da ist dann die Bilderberger Familie komplett.

  • T
    Thomas

    Was mich an der Frage über die Höhe der Bezüge der Politiker viel mehr interessiert ist die Frage: Wenn es in der Wirtschaft so viel mehr zu verdienen gibt, wohin gehen dann die Spitzenkräfte, die wirklich "etwas auf dem Kasten" haben?

    Bzw. die Frage: Würden wir mit einem deutlich höheren Gehalt auch deutlich besser qualifizierte Manager in die Pokitik bekommen?

    Wenn man sich (als eines von unzähllichen) Debakeln, dass Desaster vom Berliner Flughagen anschaut, dann kommt man vielleicht auf die Idee, dass man einem fähigen Manager besser das zehnfache bezahlt - und dafür Milliarden an Missmanagement einspart.

    Was mich allerdings an der Theorie etwas zweifeln lässt, ist das Beispiel des Steuerexperten Kirchhoff. Ich selber habe wenig Ahnung von Steuern, habe mir aber sagen lassen, dass Kirchhoff selbst unter Experten als sehr versierte Fachkraft anerkannt war. Und er mußte aufhören - nicht weil er unfähig war - sondern weil seine guten Ideen nicht ins aktuelle politische Machtspiel gepasst haben.

  • O
    Oli

    Wenn ich Wahlkampf-Profi für die CDU wäre, ich würde die Jobangebote anfangen zu lesen. Denn: Diese SPD braucht keine Gegner mehr, die entblättern sich ohne Not selber. Toll, dass sie so denken, wie Menschen in der FDP - deren Wahlergebnisse und Wählerreservoirs zeigen die Zukunft von Peer Steinbrück und der SPD auf: Projekt 18 Prozent frei nach Möllemann wird anvisiert.

     

    Wer Parteifreunde hat, der braucht keine Feinde mehr, heißt es so schön, schade nur, dass wir am Ende dieses neuen Jahres wahrscheinlich eine gleichwertig runtergewirtschaftete Regierung haben werden, wie jetzt. Das ist die Geld-ist-Geil-Debatte einer Partei, die letztes Mal schon keine Chancen hatte, aber das spielt eben auch keine Rolle bei denen.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Wollen Steinbrück und seine SPD die Bundestagswahlen überhaupt gewinnen? Es sieht nicht so aus. Denn auch die Sozen wissen, was kommt. Eine zweite Rosskur wie Harz IV können sie politisch nicht mehr überleben.

  • S
    Synoptiker

    Und dies ganz ohne Zutun des Herrn Schröder: Der hat doch auch die verheerenden Beiträge der Menschen über Steinbrücks idiotisches Geltungsbedürfnis gelesen. Viele - wussten schon von sich aus sehr früh, dass Steinbrück lieber ein hochbezahlter Finanzberater oder Wirtschaftsmanager geworden wäre. Seine Vorstellung von Bundeskanzler-Tätigkeit würde einem Unternehmens-Management sehr ähneln. Dass aber brauchen wir gerade nicht. Thema des Wahlkampfes wird die Wiederherstellung der sozialen Gerechtigkeit in Deutschland und die Übergabe nationaler Rechte an Brüssel sein. Andernfalls ist die europäische Idee samt Euro gestorben!

    Die SPD kommt also um einen anderen K-Kandidaten nicht herum ! Sie sollte schnell auswechseln und auch gleich das Verhältnis zur Linken klären. Hier liegt die Mehrheit im Volk !

  • A
    audio001

    Wenn die SPD-Abgeordneten Pronold, Lauterbach und Thierse dem "Kanzlerkandidaten" beisprangen, wobei letzterer ja auch geren in Fettnäpfchen tritt (Schwaben in Berlin...), dann zeugt dieses eigentlich nur davon, wie wenig objektiv der eine oder andere SPD-Abgeordnete mit dem Kanzlerkandiadten Steinbrück umgeht!?

     

    Wünschenswert wäre es, wenn dem Kanzlerkandidaten der SPD mal von seinem Umfeld erläutert würde, dass so wie er sich sieht er von einem großen Teil der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird!- Vermutlich auch von immer weniger seiner ParteigenossenInnen....

  • JK
    Juergen K.

    Keiner kommt auf die Idee,

     

    Sparkassen-Direktoren-Gehälter sowie die allseits bekannten Gehälter der Geschäftsführer diversester Städtischer GmbHs in Frage zu stellen ?

     

    Und diese gibt es in den Tausenden Gemeinden und Städten Deutschlands zu Hauf.

  • B
    Bert

    Der Kanzler kann gerne mehr bekommen, aber nur in Form eines Leistungsbonus, den er sich verdienen muss. Dieser muss daran gemessen werden, was er für den Ottonormalverbraucher erziehlt und nicht für die oberen zehntausend. Möglich wäre ein Zielvorschlag des Kanzlers, aus dem die Bürger jeweils drei Ziele ankreuzen können, die der Kanzler versuchen muss umzusetzten. Schafft er es nicht gibt es keinen Bonus.

    Ziele könnten sein:

    1. Abschaffung der Zeitarbeitsfirmen.

    2. Nur noch Festanstellung oder Zeitverträge (wenn 1 x verlängert und länger als 1 Jahr Festanstellung) bei den jeweiligen Firmen direkt.

    3. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.

    4. Vereinfachtes Steuersystem. Z. B. für Firmen: Keine Abschreibungen mehr, dafür 17-20% Steuer. Viele Firmen ist unser System zu kompliziert, obwohl sie unter dem Strich oft weniger zahlen würden, als in anderen Ländern.

    usw.

    Nach Sarrazin hätte die SPD nur noch 1 Stimme von mir bekommen. Nach der Äusserung von Steinbrück bzgl. des Verdienstes des Kanzlers kann die SPD auf keine meiner 2 Stimmen mehr zählen. Ich habe genug. Warum?

    Weil ich seit 8 Jahren nur befristet als Angestellte arbeite. Mit nur 1 moderaten Gehaltserhöhung, aber noch einigermaßen. Ich Zeitarbeitskräfte kennengelernt habe, die Brutto bis zu 1000 € weniger verdienen als ihr Schreibtischnachbar.

  • W
    Wahrheitssager

    der Mann ist einfach taktlos und er passt zur SPD.Es tut mir nur Weh, wenn die Versager wie Steinbrück für nichts tun Millionen verdienen.

  • KA
    Klaus aus Wedel

    Eigentlich ist der Kanzlerposten nur eine Teilzeittätigkeit. Tatsächlich 40% seiner Arbeitszeit wendet ein deutscher Vorsitzender aller Ministerien für die notwendige politische Tätigkeit auf. Eigene Parteiarbeit, Vor- und Aufsichtsratsposten benötigen einen erhöhten Zeitaufwand und werden zusätzlich, genügend und großzügig entschädigt und honoriert. Als Teilzeitjob ist deshalb ein Halbtags-Kanzlerposten bestens bezahlt.

  • I
    irmi

    Hr. Schröder hat recht. Das Oberhaupt des Staates sollte das Wohl des Volkes im Kopf haben, dessen Steuergelder von diesem Staat verwaltet werden (gut verwaltet werden sollten) und nicht was bringt mir der Job ein. Wer Bundeskanzler wird sollte sich bewusst sein, worauf er sich einlässt. Wenn der Kanzlerkandidat mehr Geld will, soll er sich an die Reichen wenden.

    Man zeigt immer auf andere Länder, wie Afrika z.B. wo man auch sagte, die melden sich alle zur Wahl, weil sie dann gutes Geld bekommen.

    Dieser Kanzlerkandidat hat schon eine Menge Geld eingeschoben und bekommt den Hals immer noch nicht voll genug. Wenn der so Politik macht, wissen wir Wähler was auf uns zu kommt. Den Reichen wird es weiter sehr gut gehen in diesem Staat und der Kleine wird ausgesaugt bis er unter geht.

  • W
    Weinberg

    In der SPD würde es wegen des Kanzlergehalts keinen Streit geben, wenn der smarte P€€r Sparkassendirektor geworden wäre.

     

    Bundeskanzler wird P€€r eh nicht!

  • G
    Gonzi

    Er sollte seine Kandidatur zurückziehen und sie einer netten Kollegin überlassen -

     

    vielleicht der Schwesig.

     

    Noch ist dafür Zeit "Genossen".....

  • D
    Detlev

    Es hilft doch alles nichts. Peer Steinbrück kommt aus seinen Problemen nicht raus. Mit diesem Medien-Vorstoß ist das Thema: Ich bin reich, das steht mir aber auch zu, wieder zurück in den Köpfen der Menschen.

    Und das bekommt der SPD nicht gut - so wird das nicht für sie funktionieren. Sie wissen das auch, aber sie machen mit Peer Steinbrück weiter, weil er der Kandidat ist. Und der wird m.M. noch ganz dick scheitern. Auch diese Hilfe bzw. Helfer ändern am Sachverhalt, dass sich Steinbrück wie eine angeblich-zu-schlecht-bezahlte Operdiva aufführt, wenig.