Die Wahrheit: Die Angst der Iren vor der 13

Die Iren sind Angsthasen - jedenfalls 8 Prozent von ihnen. Damit die nicht die Bilanzen der Autohändler ruinieren, hat deren Lobby eine neue Regelung durchgesetzt.

Die Iren sind Angsthasen – jedenfalls 8 Prozent von ihnen. Damit die nicht die Bilanzen der Autohändler ruinieren, hat deren Lobby eine neue Regelung durchgesetzt: Ab Neujahr werden die Nummernschilder verändert. Bisher zeigten die ersten beiden Ziffern das Jahr der Erstzulassung, gefolgt von der Abkürzung der jeweiligen Grafschaft und einer fortlaufenden Nummer.

Weil sich aber mehr als 300.000 Iren vor der Zahl 13 fürchten, würden sie im kommenden Jahr kein neues Auto kaufen, so schwante den Händlern. Sie erreichten, dass im ersten Halbjahr stattdessen 131 und ab Juli 132 auf die Kfz-Kennzeichen kommt. Das hat einen günstigen Nebeneffekt.

Bisher schnellte die Zahl der Autoverkäufe zu Anfang des Jahres in die Höhe und ebbte dann stetig ab, denn ein im Januar zugelassener Wagen hat denselben Wert wie einer, der zum erstenmal im Dezember angemeldet wurde. Die neuen Schilder werden zu einem zweiten Boom im Juli führen, so hoffen die Autohändler.

Schon vor 25 Jahren hatten sie durchgesetzt, dass das Jahr der Erstzulassung auf den ersten Blick zu erkennen ist. Bis dahin bestanden die Kennzeichen wie heute noch in Großbritannien aus einer obskuren Buchstaben-Ziffern-Kombination, die nur Experten durchschauten. Mit der Farbe der Schilder nahm man es damals auch nicht besonders genau, man konnte sie passend zum Autolack wählen, und wer Kursivschrift oder Runen bevorzugte, hatte freie Hand.

Dann begann langsam der wirtschaftliche Aufschwung, und die Autohändlerlobby wollte die Neureichen bei ihrer Eitelkeit packen. Die Jahreszahl musste auf das Kennzeichen, damit man vor den Nachbarn protzen konnte. Wer dagegen sein Auto pflegte, sodass es auch nach fünf Jahren wie neu aussah, hatte keine Chance: Das Nummernschild entlarvte ihn als Versager. Die Rechnung ging auf. Vorbei waren die Zeiten, in denen sich betagte Vehikel über Irlands Straßen schleppten.

Der Boom ist längst vorbei, die Zahl der verkauften Autos ist zurückgegangen, aber die Händler wollen sich nicht durch die Triskaidekaphobie, wie die Angst vor der 13 wissenschaftlich heißt, endgültig in den Ruin treiben lassen – als ob die angebliche Unglückszahl etwas mit der Zurückhaltung der Kundschaft zu tun hätte.

Grund dafür ist die Austeritätspolitik der irischen Regierung. Die hat Anfang des Monats den sechsten Sparhaushalt in fünf Jahren verhängt, der die mittleren und unteren Einkommensschichten schröpft, um die Bankschulden zu zahlen, während sich die Multis und Millionäre ins Fäustchen lachen.

Premierminister Enda Kenny von der konservativen Partei Fine Gael muss sich aber keine Sorgen machen, dass er für seine verheerende Politik bestraft wird. Er ist der zwölfte Taoiseach, wie der Premier in Irland genannt wird, seit das Amt 1937 mit der Verabschiedung der irischen Verfassung eingeführt wurde. Und er wird es wohl bis zu seinem Tod bleiben, denn niemand wird so verrückt sein, gegen ihn anzutreten und womöglich zu gewinnen. Wer will schon der 13. Taoiseach werden?

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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