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Israelische SiedlungstrategieDer geschlossene Ring um Jerusalem

Vor seinem Berlin-Besuch steht Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in der Kritik. Die geplante Siedlung empört USA und Europa.

Noch grast ein Kamel auf dem Hügel E1: Im Hintergrund die Siedlung Maale Adumim bauen. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Mevasseret Adumim wird eine Siedlung wie viele andere im Westjordanland. 3.000 Wohneinheiten sollen hier östlich von Jerusalem entstehen. Das hat Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu jüngst angekündigt. Doch die Lage von Mevasseret Adumim ist speziell. Denn mit ihrem Bau wäre Jerusalem komplett von jüdischen Siedlungen umzingelt.

Das erzürnt nicht nur die US-Regierung. Die geplante Siedlung gefährde die Zwei-Staaten-Lösung, warnt die Friedensbewegung „Schalom Achschaw“ (Frieden jetzt).

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte, die Baupläne aufzugeben. In Europa werden in mehreren Hauptstädten die israelischen Botschafter einberufen. Und Netanjahu selbst muss heute bei seinem Zusammentreffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin mit harscher Kritik rechnen.

Unmittelbar nach der Anerkennung Palästinas als Beobachterstaat durch die UN-Versammlung am Donnerstag hatte Jerusalem über den Baubeginn entschieden. Man habe keinen anderen Ausweg gehabt, als eine Maßnahme einzuleiten, „die legitim ist und die Israel strategisch stärkt“, erklärte Umweltminister Gilad Erdan (Likud). Bei den Palästinensern besteht kein Zweifel, dass es sich um eine Strafmaßnahme handelt.

Zu allem Überfluss für Israel stimmte die UN-Vollversammlung nun auch noch für eine Offenlegung des israelischen Atomprogramms. Israels internationales Ansehen erreicht einen Tiefpunkt. Trotzdem schaltet man in Jerusalem auf stur.

In vier weiteren Siedlungen im engeren Umkreis von Jerusalem werden Wohnungen in Kürze gebaut oder ausgeschrieben. Das besonders umstrittene Projekt Mevasseret Adumim liegt auf dem Gebiet E1. Die Bezeichnung stammt aus der britischen Mandatszeit. „East 1“ bezeichnet ein rund 12 Quadratkilometer großes Areal an der Hauptstraße zwischen Jerusalem und Jericho.

Neben Wohnungen sollen hier ein Friedhof, Hotels, Park- und Industrieanlagen entstehen. Vorläufig steht nur das Hauptquartier der Polizei einsam auf einem kargen Berg.

Todesstoß für Zwei-Staaten-Lösung

Hier will Netanjahu eine „urbane Kontinuität“ zwischen Jerusalem und der Siedlung Maale Adumim schaffen, wo heute schon rund 40.000 Menschen leben. Der geplante Bau „könnte der Todesstoß für die Zwei-Staaten-Lösung sein“, warnt „Schalom Achschaw“.

„Es würde die territoriale Kontinuität eines palästinensischen Staates unterbinden, den Norden des Westjordanlandes vom Süden trennen und Ostjerusalem von den palästinensischen Gebieten abschneiden.“ Palästinenser in Ostjerusalem verlören die letzte Möglichkeit, Wohnraum zu schaffen.

Mehr als einmal haben rechtsnationale Politiker und Siedler symbolisch den Grundstein für Mevasseret Adumim gelegt. Auch ein Wegweiser steht schon an der Landstraße.

Vor gut drei Jahren berichtete die liberale Zeitung Ha’aretz über einen „geheimen Deal“ zwischen Netanjahu und Verteidigungsminister Ehud Barak. Dem Bau habe nur noch der Segen des Kabinetts gefehlt. Dass es dazu nicht kam, ist dem Druck aus Washington zu verdanken.

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18 Kommentare

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  • D
    D.J.

    @bull:

     

    Haben Sie noch irgendwelche Argumente oder wollten Sie nur Ihre dummlinksantizionistischen (oder dummreligiös geprägten) Phrasen absabbern?

  • B
    bull

    Der Westen soll ruhig weiter diesen Verbrecherstaat Israel unterstützen.Dies war und ist der Knackpunkt der angeblichen Überlegenheit westlicher Werte.

  • DP
    Daniel Preissler

    @Sandankörö

    Danke für die guten Beiträge und den Karten-Link!

    Inityé! d;-)

  • S
    Sandankoro

    Die von Janina genannte Seite und die darin aufgestellten Vergleiche sind ein Witz. Eine Seite die schon als Untertitel "Defending Israel from media bias" hat, ist wohl kaum neutral zu nennen.

    Es geht mit dem Siedlungsbau darum den Ring israelischer Siedlungen im Osten Jerusalems zu schliessen und damit der Forderung der Palästinenser nach einem Zugang einen Riegel vorzuschieben.

    Die Seite spart sich dann auch gleich die Information, dass es durch eine Bebauung von E1 eben doch eine quasi Teilung der Westbank geben würde, da es zum einen weitere jüdische Siedlungen zwischen Jerusalem und dem Toten Meer gibt, und es zum Anderen auch ein teils sehr schlecht zugängliches Gebiet ist, also für Strassen und Infrastrukturmassnahmen nur schwer geeignet.

    Die folgende Karte zeigt die Folgen denn auch besser als der Link von Janina: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/d/d8/Westbankjan06.jpg

  • S
    Sandankoro

    Die sogenannten (und oftmals selbsternannten) "Freunde Israels" sind in wahrheit dessen grösste Feinde!

    Israel hat nur dann eine Zukunft, wenn es ein friedliches Miteinander mit den Palästinensern und den Nachbarstaaten gibt. Die aktuelle Wagenburgmentalität führt ebenso in eine politische und wirtschaftliche Sackgasse wie die Blockade Gazas, die ausser der Hamas und dem Islamischen Djihad niemandem nutzt.

    Anstatt den Aufbau einer palätinensischen Zivilgesellschaft6 zu fördern, blockiert Israel konsequent jede wirtschaftliche Entwicklung. Gerade die Perpektivlosigkeit und Armut treiben aber immer wieder die jungen Menschen in die Hände der Extremisten.

    Israel selbst blutet wirtschaftlich aus, ganze Generationen junger Israelis müssen für den Schutz rassistischer Siedlergruppen die eigene Haut zu Markte tragen und das internationale Ansehen Israels ist auf dem Tiefstpunkt.

    Solange hiesige Islamophobe und andere Rassisten ihren "Clash of Cultures" auf Israel projezieren, und solange die falschen "Freunde" beider Seiten von Washington bis Teheran jedesmal mit dem Scheckbuch wedeln wird das Töten und das Elend auf beiden Seiten weitergehen.

     

    Also liebe "uneingeschränkt solidarische Freunde Israels und Palästinas", putzt euer Klo oder züchtet Gartenzwerge! Aber bitte bitte hört auf so zu tun als läge Euch etwas an einer friedlichen Zukunft der Menschen in Israel und Palästina!

  • J
    Johannes

    Was die ganze Welt gerade Israel vorwirft und auch hier im Artikel wieder behauptet wird, stimmt einfach nicht. Janina hat schon daraufhingewiesen. Weder teilt die geplante Siedlung im Gebiet E-1 die West Bank in zwei unverbundene Teile, noch trennt sie den palästinensischen Teil Jerusalems vom sonstigen Gebiet unter palästinensicher Verwaltung ab.

     

    Aber von der taz kann man wohl nicht erwarten, dass sie erst einmal die Fakten checkt, bevor sie Israel diskreditiert.

  • JR
    Janina Reichmann

    Das hier ist einfach genuin falsche und irreführende Berichterstattung.

    Wahre Informationen gibt es hier:

    http://honestreporting.com/despite-the-hype-e1-doesnt-cut-west-bank-in-two/

  • KS
    Kritische Stimme

    Sind beim Besuch in Berlin auch wieder die Psychologe,Psychiater und Hypnotiseure dabei um die deutschen Gespraechspartner zu "ueberzeugen" ??

  • DP
    Daniel Preissler

    @Oma Kruse

    Ein Scheinargument (geteilte Stadt), dass Sie sicherlich nur für diesen einen Fall so konstruiert haben. Oder was wäre Ihr Vorschlag bezüglich Guben/Gubin?

    Es gäbe jedoch immernoch die Möglichkeit einer Internationalisierung der gesamten Stadt.

     

    Ach ja: Die israelische Hauptstadt ist übrigens Tel Aviv. Vielleicht könnten beide Haupstädte dort bleiben, "wo sie gerade sind"?

     

    Grüße, DP

  • M
    max

    @ Stime der Aggression:

    "Unstrittig ist doch auch, dass es den Palästinensern nicht um einen Staat, geschweige denn um Frieden geht. Also ist es doch eigentlich egal, ob die Israelis die Maximalforderungen der Terroristen erfüllen können oder nicht."

     

    Interessante darstellung. Sie sind einfach ein Rassist.

  • P
    Peter

    Wenn das so weiter geht (und im Prinzip ist es jetzt schon so), dann wird nichts anderes übrig bleiben als eine Ein-Staaten-Lösung, d.h. Palästinenser und Juden müssen lernen, in EINEM Staat miteinander klarzukommen, müssen die gleichen Rechte und Pflichten haben, und müssen die jeweilitgen Extremisten in ihren Reihen kaltstellen.

  • GG
    ganz gelassen bleiben

    fünfzig oder fünfzehn jahre später wohnen vielleicht muslime in eben diesen häusern. wenn alles gut geht, nett durchmischt mit juden und yeziden. wär doch prima und noch nicht einmal unmöglich

  • T
    tobi
  • M
    MaterialismusAlter

    Dass die Palästinenser mit ihrer Entscheidung sich an die UNO zu wenden, anstatt mit Israel zu verhandeln, das Oslo-Abkommen endgültig getötet haben, wird hier natürlich nicht erwähnt.

  • OK
    Oma Kruse

    Als alter Berlinerin sind mir geteilte Städte ein Graus. Jerusalem war 19 Jahre lang geteilt, das reicht eigentlich. Will tatsächlich jemand, dass es wieder eine Staatsgrenze mit Niemandsland und allem drum und dran mitten in der Stadt gibt? Sollen tatsächlich das jüdische Viertel und die Klagemauer wieder an die Araber fallen, die nach 1948 alle Synagogen niedergerissen haben? Ich denke nein. Die palästinensische Hauptstadt ist Ramallah und da sollte sie auch bleiben.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    Unstrittig ist doch auch, dass es den Palästinensern nicht um einen Staat, geschweige denn um Frieden geht. Also ist es doch eigentlich egal, ob die Israelis die Maximalforderungen der Terroristen erfüllen können oder nicht.

    Jerusalem ist die Hauptstadt Israels. Unter arabischer Besatzung haben diese gezeigt, wie sie es mit Religionsfreiheit halten. Also, wie kommen die ewig vertragsbrüchigen Palis auf die komische Idee, man müsse ihnen einen Teil der heiligen Stadt anbieten? (Die Stadt, die sie jüngst mit Raketen beschossen haben!)

  • CG
    canaille grande

    diverse botschafter werden einbestellt?hui,da greift die weltgemeinschaft aber hart durch!

    in zwei wochen san die wieder da,bisschen gegrummel,ein paar hohle phrasen hier und da,die siedlung ist fertig,ruhe!

    eine von hunderten,seltsamerweise sehn fast alle aus wie mittelalterliche raubritterburgen!

    seit jahrzehnten geht das so!

    nicht mehr lange,und herr gurions und frau meirs plan ist durchgesetzt!

    aber auf alle möglichen anderen länder wird nur auf grund von spekulationen allerlei militärkrempel abgeworfen!

    hab weiss gott nix gegen die israelis!

    aber unrecht bleibt unrecht,selbst wenn engel es begehn!

  • BG
    Bodo Goldmann

    Netanyahu und Lieberman betrachten das Westjordanland als Teil des "heiligen" Israel, und sie denken überhaupt nicht daran, die systematische Inbesitznahme von Land zu reduzieren oder etwa einen Palästinenserstaat dort zuzulassen.

    Ihr Ziel ist die Annektion und Einverleibung des Westjordanlandes. Die Rechte der Palästinenser werden weiter von der Besatzungsmacht ignoriert werden.

    Das alles ist längst bekannt und nichts Neues.

    Es sind bereits jetzt durch die von israelischen Regierungen geschaffenen Tatsachen die Vorausetzungen für einen Staat der Palästineser eigentlich mehr gegeben.

    Das alles wissen die westlichen Verbündeten Israels natürlich längst, reden aber nicht darüber. Weil die Missachtung der Rechte der einheimischen Palästinenser einfach zu offensichtlich ist und sie eine Zustimmung dazu ihren eigenen Bürgern nicht verkaufen können.

    Deshalb die ewige Besorgnis und die Pseudo-Proteste, während die reale Unterstützung Israels kontinuierlich weitergeht. Das übliche Spiel läuft natürlich auch wieder beim Netanyahu-Besuch in Berlin.

    Ein bißchen Gemoser und Kritik über die Siedlungen von der deutschen Regierungsspitze wird Netanyahu nicht stören, er wird seine guten Verträge ja trotzdem bekommen.