zensur im Berliner Zoo : Die Geschichte zur Meldung
Journalisten sind eitle Zeitgenossen. Jeder will der schnellste sein, jeder möchte exklusive Geschichten abliefern. Der Bericht über den Vertrag, mit dem der Berliner Zoo Fotojournalisten gängelt, war eine solche Exklusivgeschichte. Bis der Deutsche Journalistenverband (DJV) Wind davon bekam – der als Berufsverband bundesweit über 40.000 Mitglieder vertritt.
Die Geschichte hinter der Meldung geht so: Die taz rief gestern bei der Recherche nicht nur den Zoo und Fotoagenturen an, sondern gegen Mittag auch die Pressestelle des DJV – mit der Bitte um eine Stellungnahme. Pressesprecher Hendrik Zörner ließ sich auf der Internetseite des Zoos zu dem Dokument leiten, welches dort zum Herunterladen gespeichert ist. Und kritisierte die Klausel scharf.
Wie elektrisiert von dieser Ungerechtigkeit muss Zörner dann eifrig in die Tasten gehauen haben – sage noch jemand, Verbandsmühlen mahlten langsam! Bereits um 13.50 Uhr bekam die taz eine E-Mail vom DJV. Und nicht nur die taz. In einer offiziellen Pressemitteilung kritisiert DJV-Bundeschef Michael Konken den Knebelvertrag des Zoos. Sie zitiert zudem die Passage, auf die die taz den Sprecher kurz zuvor hingewiesen hatte.
Allein: Von der taz ist in der Mitteilung aus unerfindlichen Gründen nicht die Rede. Vielleicht war kein Platz mehr. Der Text suggeriert vielmehr, der Verband sei selbst auf das Thema gekommen. Die erste Agenturmeldung mit dem netten Verweis auf den DJV lief um 14.39 Uhr über den Ticker, weitere folgten. Für den Verband ist das ein Supercoup: Er wird heute in vielen Zeitungen als Wächter der Pressefreiheit dastehen.
Natürlich käme der DJV nicht im Traum darauf, Kollegen Themen wegzuschnappen. Auf seiner Internetseite verspricht er ja, seinen Mitgliedern zu helfen, „sich gegen Behinderung oder Ausbeutung zu behaupten“. Auch kennt der DJV natürlich die journalistische Praxis, auf Quellen zu verweisen. Die Info-Offensive war also in Wirklichkeit ein Rettungseinsatz. „Es ist unsere Aufgabe, Journalisten so schnell wie möglich über Missstände zu informieren. Das haben wir getan“, sagt Zörner. Bis zum Erscheinen des taz-Berichts zu warten war wohl unmöglich. Klar. Auf ein Foto von Knut wartet die Welt ja bisher vergebens. ULRICH SCHULTE