wowi über allen : Überflieger oder Ikarus?
Man muss nicht überrascht sein, dass die neuesten Umfragen Rot-Rot abstrafen. Sparpolitik mag keiner. Die Konsolidierung des Haushalts liegt quasi auf Grund. Senator Harald Wolf kriegt die Berliner Arbeitslosenzahlen nicht runter und die Investitionen nicht rauf, die soziale Schieflage nimmt zu. Und wenn ein Bausenator keine einzige Baustelle mehr im Griff hat, verwundert es kaum, dass die große Mehrheit der Berliner Rot-Rot bereits abgeschrieben hat. Flierls Opernreform jedenfalls schützt nicht vor einem Fiasko. Vielleicht aber Klaus Wowereit?
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Dass der Regierende in den Meinungsumfragen noch über allen schwebt, beweist erst mal so viel: Klaus Wowereit ist ein Stratege seiner eigenen Rolle. Ob auf dem CSD-Wagen vorneweg oder hinter den Kulissen der politischen Macht, er ist sich in erster Linie selber nützlich – sonst niemandem.
Vom Alltagsgeschäft des Abgeordnetenhauses – besonders vom schwierigen –, werfen ihm die Kollegen aus den eigenen Reihen vor, hat sich der lustige Party-Wowi abgeseilt. Die Klaviatur des Landesvaters beherrscht er professionell. Mehrheit ist Mehrheit. Und solange kein Gegengewicht sichtbar ist – CDU-Mann Zeller ist keines und SPDler Strieder keines mehr –, muss man sich um den Job keine Sorgen machen, wird Überflieger Wowereit denken.
Aber Vorsicht! Nicht nur in der Union oder der PDS könnte sich mal was ändern. Auch angesichts des Problemdrucks und des immensen Handlungsbedarfs der Berliner Politik kann der Überflieger plötzlich zum Ikarus mutieren. Dann wird aus Souveränität – einige nennen es auch Einbildung – auf einmal Unsicherheit. Schließlich bleibt ganz Banales: Trotz allen Showcharakters in der Politik geht ohne die Partei nichts. Verliert die, hat auch Wowereit ausgespielt. Selbst wenn die Beliebtheitsskala anderes suggeriert: Das ist die eigentliche Botschaft der Umfragen.