wortwechsel: Herrschaft der hundert Tage
Schon vor Ablauf der Schonfrist ziehen taz-Leser eine ernüchterne Zwischenbilanz über das Kabinett von Kanzler Merz. Ist die Ablehnung Brosius-Gersdorfs religionspolitisch?

Srebrenica
„Von langer Hand geplanter Krieg “,
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Hat Sie jetzt auch der Seehofer/Söder-Virus erwischt? Grünen-Bashing um jeden Preis, egal zu welchem Thema? Ich schätze Ihre Artikel zu Ex-Jugoslawien schon seit vielen Jahren. Ihr klares Benennen der Täter hat Ihnen oft Widerspruch eingebracht, den Sie stets mit den besseren Argumenten ausgehalten und gekontert haben. Und jetzt das?
Neben all den grausamen Fakten zu Srebrenica, die Sie benennen, streuen Sie zusammenhanglos pauschale Behauptungen ein, die dem übrigen Text in keiner Weise gerecht werden. Es habe damals auch bei den Grünen Leute gegeben, „… die den ‚Frieden‘ für wichtiger ansahen als eine Empathie für die Opfer“. Aha, wie aufschlussreich.
Und so geht das weiter – noch zweimal blitzen in Ihrem Text, wie aus dem Nichts, die Grünen auf, sogar bashingkonform als versagende „links-grüne Szene“.
Ekkehard Hodapp, Karlsruhe
Rundumschlag
wochentaz vom 12. –18. 7. 25
Nichts Neues bei der CDU, alles soll so bleiben, wie es ist: Die Reichen reich, die Armen arm. Was geht uns dasgesellschaftliche und ökologische Klima an.
Die Sozialdemokraten darf man fragen: Wie tief kann man noch sinken?
Damit meine ich weniger die Umfragewerte, sondern den moralischen Kompass. Meine Antwort. Ohne Rückgrat geht’s immer noch tiefer. Doch an die letzten, hoffentlich noch vielen und irgendwann auch einmal wieder die Mehrheitlichen die Warnung, nicht arrogant dabei stehen bleiben und sich zuprosten beim Rechthaben. Sondern sich zusammenschließen und laut(er) werden mit den besseren Argumenten.
Wahrscheinlich wird leider ein Teil der von der aktuellen Regierung Enttäuschten und leichter zu Fangenden nach rechts zur AfD abwandern. Und das ist nicht ungefährlich: Ohne Mehrheit konnte die NSDAP in Zusammenarbeit mit den konservativen parlamentarischen Kräften 1933 die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durchsetzen.
Uwe Fischer, Berlin
Bilanz
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Die Richtung ist klar: Die Energiewende wird blockiert, das soziale Klima wird kälter und unbarmherziger, Aufrüstung ist Konsens, Brandmauern nach rechts bröckeln, die nach links werden immer höher. Klimaziele werden mit Worten bekräftigt, mit Taten untergraben. Hauptsache, Treckerdiesel wird wieder billiger und Polizisten stehen an den Grenzen.
Sisone auf taz.de
Destruktiv
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Die Plagiatsvorwürfe sind in diesem Falle nur vorgeschoben. Das Hauptproblem besteht nach meiner Informationslage darin, dass die Rechtsprofessorin Frauke Brosius-Gersdorf eine demokratisch-liberale Politikauffassung vertritt, wie auch die SPD. Diese besteht darin, dass sowohl das ungeborene Leben geschützt werden soll als auch das Selbstbestimmungsrecht der Mütter. Es ist eine Lösung erarbeitet worden, welche beiden Anliegen versucht gerecht zu werden.
Das fundamentalistische Denken hat sich mit Gewalt im Handeln der CDU durchgesetzt, unter freundlich-toleranter Unterstützung des Fraktionsvorsitzenden. Es wäre die Aufgabe Jens Spahns gewesen, diese destruktive Primitivisierung der Diskurskultur zu verhindern. Die „Mächtigen“ tragen Verantwortung, insbesondere in Zeiten beginnender Zersetzungsbemühungen der Demokratie. Ansonsten machen sie sich an den Zersetzungsprozessen mitschuldig.
Hans Weyhing, Köln
Bürokratie
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Die Reportage ist schwer zu verdauen – in einem guten Sinn –, weil sie auch aufzeigt, wie absolut unzureichend die Sorge des BAMF [Bundesamt für Migration und Flüchtlinge] ist, und wieder einmal politische Großspurigkeit von Politikern und die bürokratische Umsetzung der Versprechen in Handlungen so wenig übereinstimmen!
Sylvia Braun, Konstanz
Zivile Helfer
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Es gibt ein Programm in der Ukraine, Russen, die sich gegen den Krieg stellen, als zivile Helfer zu rekrutieren, ohne die Verpflichtung, auf andere Russen zu schießen.
Ein paar tausend sollen sich da mittlerweile engagieren. Das wäre der richtige Ort für die Verweigerer und Deserteure, nicht ein komfortables Aussitzen des Konflikts im Westen.
TheBox auf taz.de
Kriegsverweigerer
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
Eine Riesenschande, und dabei hatte ich praktisch seit Kriegsbeginn dazu gemahnt, russische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure großzügig aufzunehmen, anfangs oft gegen den Widerstand von Ukrainefreunden und baltischen Akteuren, die grundsätzlich keinen Russen helfen wollten.
Diese Stimmen sind leiser geworden, aber das Problem bleibt und wird schlimmer, je mehr Zeit vergeht.
Günter Picart auf taz.de
Staatsknete
„Sozialpolitik bleibt der blinde Fleck“,
wochentaz vom 12.–18. 7. 25
„Ist es nicht angebracht, mit höheren Vermögens- oder Erbschaftssteuern die öffentlichen Haushalte zu stützen, die dann wiederum die Renten- und Krankenkassen stabilisieren könnten?“
Diese Steuern wären zwar ein wichtiges Instrument zur Eindämmung des wachsenden Überreichtums, der Umwelt und Demokratie gefährdet. Aber sie können genau betrachtet keine staatliche Leistungen finanzieren. Ein Staat kann sich grundsätzlich alles leisten, was in seiner eigenen Währung zum Verkauf steht, denn Staaten erzeugen sich ihr Geld einfach selbst – und zwar mit jedem Cent, den sie ausgeben. Der Grund: Sie tätigen ihre Zahlungen von einem Konto bei der eigenen Zentralbank. Ein Staat sollte sinnvolle Ausgaben erst begrenzen, wenn die Wirtschaft ausgelastet ist und kurz vor der Vollbeschäftigung steht, erst dann könnte die höhere Nachfrage mehr Inflation verursachen.
Modern Monetary Theory auf taz.de
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen