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Archiv-Artikel

wochenübersicht: Lautsprecher Jörg Sundermeier sichtet die soziale Bewegung in der Stadt

„Neoliberalismus“: FAU-Lokal, Straßburger Str. 38. Fr, 20 Uhr
„Völkischer Sozialismus“: PRO, Kiefholzstr. 275. Mi, 18 Uhr

Ach ja, die Berliner Linke. Befindet man sich andernorts, sei es Magdeburg, Leipzig oder Sulzbach, erzählen einem die Antifas, die Antideutschen, die PalästinafreundInnen und all jene, die meinen, dass Nürnberg-Gostenhof eine Favela sei, dass in Berlin Wunder was geschehe in der „wahnsinnig großen linken Szene“. Ist aber nicht so. Stattdessen gibt es oft und gern Musik, nicht seltener Videos und Bier, ja Bier gibt’s immer. Gerade dann, wenn das Bürgertum auch feiert, sind die Linken und ihre FreundInnen gemütlich und erzählen am Stammtisch von alten Zeiten. Im Bandito Rosso etwa wird am Dienstag der KanalB-Film über den 1. Mai 2004 gezeigt, und der Ankündigungstext macht wieder einmal klar, dass das Gerede von sozialen Aktionen am 1. Mai oft auch nur Blabla ist: „Der beste Live-Act geht dieses Jahr an: einen nackten Mann mittleren Alters, der mitten im Steinehagel vor der Polizei herumsprang.“ Am Mittwoch wird in der Begegnungsstätte Pro unter dem zunächst vielleicht etwas verwirrenden Titel „Bunt und braun – Völkischer Sozialismus im Weltbild der extremen Rechten“ über Nazis geredet, die sich als Globalisierungsgegner und Antikapitalisten ausgeben. Dieses „Ausgeben“ aber ist bereits der Denkfehler, denn die Nazis sind Globalisierungsgegner und Antikapitalisten, und ihr „nationaler Sozialismus“ ist kein Gag, sondern Teil ihrer Ideologie. Der Freitag bringt einen interessanten Vortrag im FAU-Lokal – die „Sprache des Neoliberalismus“ wird kritisiert, also jener Neusprech, mit dem Kanzlerin und Vizekanzler, Regierung und Arbeitgeberverbände die Einschnitte ins Sozialsystem schönlügen, und auf den DGB und Linkspartei immer wieder und immer gern hereinfallen, oder den sie, wenn sie die „Reform“ und den „Kompromiss“ ebenfalls vertreten, mit zumeist noch wunderbaren Stilblüten ebenfalls sprechen.

„1. Mai“: Bandito Rosso, Lottumstr. 10a. Di, 21 Uhr