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Archiv-Artikel

wildeisens lesezeichen Abc – Dichten tut nicht weh

Manfred Mais hat Gedichte für Kinder ausgewählt, die Lust auf Reimen machen.

Alter: ab 8 Jahre

Inhalt: „Abc / Lesen tut nicht weh! Im Gegenteil, es tut dir gut, es macht dich stark und gibt dir Mut“ fängt ein Gedicht von Manfred Mai an. Er baut auf die Sprachlust der Kinder, ihre Liebe für Reime. Leider verkümmert diese nach dem Kindergarten allzu oft – auch, weil vielen Erwachsenen Gedichte als überflüssige Exotik erscheinen. In seiner Sammlung hat Mai den Spaß am Dichten im Blick: In kurzen Versen, kleinen Reimen oder längeren Balladen werden Wünsche, Ängste, Schulalltag, Unsinn und Freuden verdichtet. Die Auswahl reicht von alten Klassikern wie Annette von Droste-Hülshoffs „Der Knabe im Moor“ und Fontanes „Ribbeck“ bis zu Erich Frieds „Humorlos“, in dem Jungs zum Spaß Frösche töten, die im Ernst sterben. Der größte Anteil der Gedichte stammt aber von Kinderlyrikern der letzten Jahrzehnte wie Frantz Wittkamp oder Hans Manz. Auch bekannte Kinderbuchautoren sind vertreten – wie Peter Härtling mit seinem Windgedicht: „Ein Pups / ist ein Wind / mein Kind, / der schwer aus dem Bauche find …“ Am Ende geben die Lehrerinnen Melanie und Daniela Maier Tipps für alle, die das Dichten selbst versuchen wollen.

Leserausch: Mai gelingt eine Komposition, die eine eigene Sprache spricht und sich nicht um Kanonfragen und Auswendiglern-Debatten kümmert. Er sortiert nach Themen, verzichtet aber auf trennende Themenüberschriften. Dadurch entsteht eine durchdachte Kette, bei der sich manche Texte kontrastierend gegenüberstehen und manche wie Puzzleteile ineinandergreifen. Im Vorwort knüpft er da an, wo Kinder auf Poesie treffen, bei „ene, mene, muh,“ Werbeslogans und Songtexten, und erklärt, warum man das alles so gut im Kopf behalten kann. Die peppigen Zeichnungen von Almud Kunert machen das Buch auch optisch zu einem Genuss. Das blaue Schriftbild wird von ihren in Orange und Blau gehaltenen Illustrationen umspielt.

Weltwissen: Kinder erfahren, dass man in Gedichten über alles sprechen kann. Über Alltägliches ebenso wie über den Tod, das Unrecht in der Welt und die Liebe. Reime können witzig sein und Spaß machen, sie können frech sein oder spannende Geschichten erzählen. Offen bleibt, ob die Tipps die Kinder wirklich zum Selberdichten anstiften.

Eine zwanglose aber durchdachte Gedichtsammlung, bei der jedes Gedicht Lust aufs nächste macht! SARAH WILDEISEN

lesezeichen@taz.de

Manfred Mai: „Es hüpft in meinem Kopf herum: Gedichte für Kinder“. Illustrationen von Almud Kunert. dtv Reihe Hanser, München 2007, 7,95 €