wahlkampf : Fährt die CDU eine Anbiederungsstrategie?
Christdemokratische Ranküne
Die CDU wittert ihre Chance. Am Rembertiring hat die Partei bereits eifrig Wahlplakate geklebt: Ein Gewichtheber geht in die Knie und bläst die Backen auf – er bricht unter den (vielen) roten und (wenigen) grünen Gewichten zusammen. „Es ist nicht mehr zu ertragen! CDU“ steht darüber. Daneben wird für eine Veranstaltung des CDU-Spitzenkandidaten geworben. „Perschau spricht“ heißt es viel versprechend. Sein Thema: „Deutschlands Krankheit heißt Rot-Grün.“
Doch so kämpferisch sich derlei Politprosa anhört, im CDU-Mittelbau nimmt das Murren über die Wahlkampfführung der Parteioberen zu. Stefan Quaß, CDU-Sprecher im Beirat Horn-Lehe und Kandidat Nummer 32 der Liste für die Bürgerschaftswahl, hat im Namen seines Ortsvereins ein Papier verfasst, in dem er die Parteiführung energisch vor einer „Anbiederungsstrategie an die SPD“ warnt. Seiner Partei mangele es an der Mobilisierung, klagt Quaß. „Da wird ein gebremstes Tempo gefahren“. Der Landesvorstand wolle die große Koalition fortsetzen. Das dürfe aber nicht heißen, dass die CDU sich mit der Rolle des Juniorpartners der SPD benügen und das Ziel aufgeben solle, stärkste Fraktion zu werden.
Die Klagen aus Horn-Lehe wiederum brachten ein prominentes Mitglied der CDU Schwachhausen auf die Palme: Der Bürgerschaftsabgeordnete Mathias Henkel hat als Pressesprecher der „Freunde der Uniwildnis“ einen Brandbrief verfasst, in dem er Quaß frontal angreift. In dem mit „Nichts als Heuchelei“ überschriebenen Text wirft Henkel seinem Parteifreund vor, sich selbst der SPD anzubiedern. Im Beirat Horn-Lehe habe die Quaß-Fraktion am Dienstag „ein Paradebeispiel für die vorbehaltslose Anschleimerei an die SPD geliefert“. Hintergrund: CDU und SPD hatten gemeinsam einen Antrag der Grünen abgelehnt, eine Entscheidung über die Westerweiterung des Technologieparks in die Uni-Wildnis zurückzustellen. Der Beirat selbst darf über ein solches Projekt zwar gar nicht entscheiden, möchte aber wenigstens seinen Senf dazu abgeben. Und die Zeit drängte in Horn-Lehe, weil die Baudeputation schon am heutigen Donnerstag grünes Licht für das Planfeststellungsverfahren geben soll.
Stefan Quaß wies die Vorwürfe Henkels gestern als „absolute Frechheit“ zurück. Im Beirat komme es eben vor, „dass man auch mal mit anderen Fraktionen kooperiert“. Begeistert sei auch die CDU Horn-Lehe nicht von der Westerweiterung, aber da derzeit weder Nord- noch Süderweiterung in Frage kämen, habe man „zähneknirschend zugestimmt“.
CDU-Querdenker Henkel wird sich damit nicht zufrieden geben – seine Pressemitteilung schließt er mit einer indirekten Wahlempfehlung für die Grünen: „Die Freunde der Uniwildnis raten allen BürgerInnen, die die Lebensqualität ihrer Stadt und die Naherholungsflächen in Bremen vor dem rücksichtslosen Zugriff einer sich allmächtig fühlenden großen Koalition schützen wollen, durch ihr Kreuz auf dem Wahlzettel SPD und CDU einen Denkzettel zu erteilen, der die Fortsetzung dieser Antibürgerkoalition unmöglich macht.“ jox