vor ort : RALF GÖTZE über enttäuschte Bürgerfunker und die lahmen WM-Berichte bei Antenne Münster
In Sachen Fußball wird in Münster kommende Saison nur noch Oberliga-Kick geboten, aber bei der Berichterstattung zur Fifa-Weltmeisterschaft ist die Stadt ganz vorne mit dabei. Nur das Lokalradio Antenne Münster berichtet live über alle Spiele. Bei der Montagabendpartie Italien gegen Ghana waren das zwar gerade fünf aufsummierte Minuten, großzügig eingerahmt von Popmusik und Werbung, aber wen stören schon solche Details?
Die Bürgerfunker. Denn wo jetzt auf der Frequenz 95,4 Megaherz nonstop Hits gedudelt werden, laufen normalerweise auch die selbst produzierten Sendungen der vier Radiowerkstätten. „Die Bürger werden praktisch einen Monat von der Programmgestaltung ausgeschlossen“, kritisiert Thomas Eidmann als Leiter des Münsteraner Medienforums die ersatzlose Streichung aller vertraglich vereinbarten Juni-Sendeblöcke.
Kein weiteres der 46 NRW-Lokalradios verfährt so rigoros. Selbst in den WM-Spielstädten Köln, Gelsenkirchen und Dortmund muss der Bürgerfunk nur bei Deutschlandspielen weichen. „Ich kann den Unmut zwar verstehen, aber das allgemeine Interesse geht nun einmal vor“, sagt Antenne-Chefredakteur Uwe Haring, der die Freizeit-Radiomacher gerne als „Abschaltfaktor“ bezeichnet. Sehr viel packender ist das ausgeweitete Lokalradio allerdings auch nicht, die WM ist hier mehr Einsprengsel für den üblichen Dudelfunk. Madonna statt Maradona.
Dabei muss für die ersatzlose Streichung einer Bürgerfunk-Sendung die Aktualität im Vordergrund stehen. So sieht die Vereinbarung aus, die Veranstaltergemeinschaft (VG) und Radiowerkstätten vor eineinhalb Jahren getroffen haben und auf die sich der VG-Vorsitzende Jürgen Hülsmann beruft. „Von der administrativen Seite her ist das vollkommen korrekt gelaufen“, sagt Hülsmann und vergisst dabei nicht zu erwähnen, dass mit der Bezeichnung offiziell lizensiertes WM-Radio ja auch eine enormes „Prestige“ verbunden sei.
Weniger prestigeträchtig scheint für den evangelischen Pfarrer im Ruhestand dagegen eine mit exklusiven Fördermitteln des NRW-Ministerpräsidenten geförderte Kindersendung zu sein, die für morgen Abend eingeplant war. Die Beiträge von 20 Schülerinnen und Schüler einer integrativen Grundschule sollten Münster mal anders zeigen, also ohne die üblichen Klischees von der Fahrradstadt. Stattdessen läuft nun auf Antenne Münster (Sendermotto: 100 Prozent lokal) bei den Abendspielen eine Musikshow mit fußballjournalistischen Spurenelementen von Radio NRW in Oberhausen.
„Die Vereinbarung sieht vor, dass der Bürgerfunk in begründeten Einzelfällen auf Sendungen verzichtet, aber nicht einen Monat komplett aus dem Programm genommen wird“, sagt Thomas Eidmann vom Medienforum. Da jede ausgestrahlte Sendeminute Fördergelder bedeutet, müssen die vier Radiowerkstätten nun rund 5.000 Euro Einnahmeausfälle verkraften. Die Frage, ob Antenne Münster die Bürgerfunker überhaupt für einen Monat aus dem Programm streichen darf, beschäftigt seit gestern die Anwälte.