von unserer Redaktion : Das Risiko bleibt
Im Krieg müssen sich Journalisten durch Propaganda und Desinformation kämpfen – und, im schlimmsten Fall, durch Kugelhagel. Für den SWR-Kollegen und Kontext-Autor Jörg Armbruster ist das zur bitteren Wahrheit geworden.
Jörg Armbruster ist kein Abenteurer. Dazu ist der gebürtige Tübinger zu erfahren, auch zu besonnen mit seinen 65 Jahren, von denen er viele in Krisen- und Kriegsgebieten verbracht hat. Zuletzt eine lange Wegstrecke in Kairo, wo er das ARD-Studio geleitet und den sogenannten Arabischen Frühling miterlebt hat.
In diese Zeit fiel die Anfrage von Kontext, ob er nicht über seine Arbeit schreiben wolle. Wie es denn sei mit dem Journalismus in einer Region, in der man kaum jemandem trauen könne, schon gar nicht den Bildern, fragten wir, und unser Soli-Abonnent Armbruster antwortete. Mit einem Beitrag im Juni 2011, der deutlich machte, wie schwierig das Geschäft des Fernsehkorrespondenten ist, der erklären soll, was oft nicht zu erklären ist.
In seinem Text geht Armbruster auch auf Syrien ein. Von dort kämen nur die Handywackelbilder, die nicht zu überprüfen seien, erläutert der SWR-Kollege, und deshalb sei er mehr auf Spekulationen angewiesen als auf „Erkenntnis durch Augenschein“. Baschar al-Assad habe „sämtliche Eingänge verrammelt“, der Demonstrantenmord finde hinter verschlossenen Türen statt, kein Berichterstatter solle Zeuge sein.
Im Januar 2013 hat Armbruster die Leitung des ARD-Studios seinem Nachfolger Volker Schwenck übergeben. Dann ist er wieder zu Dreharbeiten ausgerückt, diesmal für eine Dokumentation, die eine Gemeinschaftsproduktion von SWR und BR ist. Eine ausgeruhte Geschichte, geplant für den 10. Juni 2013, der Traum eines jeden Korrespondenten.
Bis zu jenem Karfreitagmorgen, als er in der Stadt Aleppo im Norden von Syrien angeschossen und schwer verletzt wurde. Nach Informationen des SWR wurde der Kleinbus, in dem Armbruster saß, gezielt von Scharfschützen aus einem oberen Stockwerk unter Feuer genommen. Vermutlich von Assad-Truppen, wie der Sprecher des Senders, Wolfgang Utz, mitteilt. Unverletzt blieben die anderen Insassen, der Hörfunk-Kollege Martin Durm, Fahrer, Kameramann und Producer.
Die Frage ist nun erneut, welches Risiko Journalisten und ihre Auftraggeber bereit sind einzugehen, um (verlässliche) Informationen zu beschaffen. Formuliert hat sie Kontext bereits im September vergangenen Jahres, als wir die Journalisten Carsten Stormer (Zeitenspiegel) und Stefan Maier (SWR) eingeladen hatten, über ihre Erfahrungen in Syrien zu berichten. Maiers Satz war damals eindeutig: Nicht den Helden spielen. Seitdem ist dieses Land noch gefährlicher geworden.
Was folgt daraus für den SWR? Zunächst die Pflicht, weiter zu berichten, betont Chefredakteur Michael Zeiß. Und die Sicherheitsstandards überprüfen, noch vorsichtiger sein als bisher, keine Sensationsbilder. Das kann die Kollegen schützen, eine Lebensversicherung ist es nicht. Auch Zeiß weiß: „Das Risiko bleibt.“