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Archiv-Artikel

volksbegehren Ein bisschen mehr Demokratie

Sage niemand, die Mühlen des Parlaments mahlten zu langsam. Die Abmachung der Fachpolitiker, Volksbegehren im Land einfacher und schlagkräftiger zu machen, kam in Rekordzeit zustande. Im Wahlkampf ist eine Einigung aller Fraktionen nicht selbstverständlich, der parteiübergreifende Pragmatismus verdient Lob. Bleibt nur eine schlechte Nachricht: Leider ist die hehre Idee vom mächtigen Volk auf einen lahmen Kompromiss zusammengeschrumpft.

KOMMENTAR VON ULRICH SCHULTE

Angesichts der Vorgeschichte wundert das kaum. Denn mit Leidenschaft hängen nur Linkspartei, Grüne und FDP an dem Instrument. SPD und CDU standen allzu basisdemokratischem Furor stets skeptisch gegenüber. Die Roten machen nur mit, weil sie im Gegenzug mehr Macht für den Regierenden bekommen, der, aller Voraussicht nach, auch nach der Wahl Wowereit heißt. Und die Schwarzen haben erst auf den letzten Drücker entschieden, auf den Volksbegehren-Zug aufzuspringen: Weil sie nicht als Blockierer dastehen wollten, und weil eigene Volksbegehren eine feine Sache sind, wenn man zur Opposition verdammt ist.

Wie wenig die beiden Volksparteien ihren Wählern zutrauen, zeigt sich beim schwergewichtigsten Anliegen, das künftig per Volksbegehren angeschoben werden kann: der Änderung der Landesverfassung. SPD und CDU fordern, dass dafür die Hälfte der Wahlberechtigten zustimmen müssen, also über eine Million Menschen. Anders gesagt: Die Parteien schreiben der Partei der Bürger die absolute Mehrheit vor, um entscheiden zu dürfen – ein Quorum, das nicht zu erfüllen ist. Der Vorschlag der Grünen, die Verfassungsänderung dann lieber ganz wegzulassen, ist dennoch falsch. Schließlich birgt sie die klitzekleine Chance, dass die Bürger den Kompromiss verbessern. Und mächtige Volksbegehren selbst durchsetzen – per Volksbegehren natürlich.