urdrüs wahre kolumne : Emotionale Gesundheit
Der Herr Zebaoth da droben weiß um die Wege und Irrwege seiner Menschenkinder und führt selbst die gestrauchelten Schafe auf halbwegs grüne Auen. So darf denn auch die frühere RAF-Genossin Susanne Albrecht in Bremen Ausländerkindern den Unterschied zwischen mir und mich beibringen und beiläufig wohl auch noch von mein und dein. Wenn dies jetzt vom CDU-Fraktionschef Hartmut Perschau mit schneidigem Wahlkampfgeklingel in Frage gestellt wird, zeigt sich einmal mehr die Stocksteifigkeit dieses Nadelstreif-Extremisten – und erinnert daran, dass die RAF neben allem pathetisch-ignoranten Pillepalle durchaus eine politische Dimension hatte, die solchen Schäferhunden mit Klasseninstinkt immerhin unvergesslich und damit auch unverzeihbar bleibt.
Niedersachsens Justiz freut sich, 27 Rechtsextremisten beim Ausstieg aus der Szene geholfen zu haben. Mir durchaus recht – solange die nicht alle ins Innenministerium entsorgt werden, der thematischen Nähe wegen …
In einer Hamburger Filiale der von mir hochgeschätzten Restaurant-Kette „Schweinske“ fragt mich ein jugendlicher Struppi vom Nachbartisch, ob ich tatsächlich auf den Rest meines Rundstücks in Soße sowie den verbliebenen Salat verzichten möchte. Ich bejahe zögerlich, muss dann aber erleben, dass er sich auch am Inhalt meines noch mindestens zur Hälfte gefüllten Bierglases labt. Wie aber soll ich meinen Protest wirksam aufrechterhalten, wenn er mir nun treuherzig die Lidl-Tasche mit einem halben Dutzend Pfandflaschen überreicht und darauf verweist, dass ich mir davon immerhin zwei neue Pullen kaufen könne? Ich ordere eine weitere Rutsche – und wenn der mir nun als Torsten aus Lüneburg bekannte Mensch demnächst im Lotto gewinnen und mich wieder treffen sollte, lädt er mich dann ab Landungsbrücken zum Schnapseinkauf nach Helgoland ein. Glänzende Aussichten!
Als man sich in Bremen im Maizelt der DKP auf der Bürgerweide noch zum 1. Mai durch die Biere und Schnäpse der Bruderparteien durchtrinken und von Hannes Wader oder „Floh de Cologne“ moralisch aufrüsten konnte für den verkaterten Tag danach, entstand regelmäßig an den Theken noch so etwas wie eine Volksfront gegen das Böse in der Welt, von der sich auch Sozialdemokraten und Grüne zumindest kurz in den Kampf gegen den Neoliberalismus einbeziehen ließen. Man muss der Partei als Organisator nicht hinterher trauern, um die Lücke zu erkennen, die hier hinterlassen wurde. Kann da nicht mal ein klassenbewusstes Kneipenkollektiv ein internationalistisches Revival mit Proll-Rock, Bratwurst und Soljanka auf Low Budget-Level inszenieren, um die emotionale Gesundheit der Hansestadt zu befördern in einer Zeit, da das monopolkapitalistische Bayernpack selbst den SV Werder für den personellen Ausverkauf zum Ramschtisch zerrt?
Bei Hamburgs Maklern knallen die Sektkorken! Der schmierige Bild-Strizzi Kai Diekmann will mit den Seinen die Hansestadt verlassen und sein Glück künftig in Berlin suchen: Für die von diesem Gesindel derzeit noch bewohnten Straßenzüge bedeutet das eine erhebliche Wertsteigerung ganz ohne renovierendes und stadtplanerisches Zutun – weiß jedenfalls Marktkenner ULRICH „Bellevue“ REINEKING
ULRICH REINEKING, Journalist und Kabarettist, macht sich über die Chancen auf einen Lottogewinn keine Illusionen.