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Archiv-Artikel

unterm strich

Wegen des Tarifabschlusses des öffentlichen Dienstes geraten immer mehr Theater in eine verzweifelte Situation. Ihnen werden die öffentlichen Zuschüsse gekürzt und gleichzeitig erhebliche Kostensteigerungen durch die Tariferhöhungen aufgezwungen. „Dies ist eine absurde Situation“, stellte am Wochenende das Präsidium des Deutschen Bühnenvereins in seiner Sitzung in Frankfurt fest. Denn immerhin gebe die öffentliche Hand für die neu beschlossene Lohnerhöhung des öffentlichen Dienstes mit zehn Milliarden Euro das Fünffache dessen aus, was die Theater und Orchester insgesamt kosten. Das stehe also in keiner Relation zu den Beträgen, um die es bei den Theatern gehe. Das Präsidium des Deutschen Bühnenvereins fordert erneut die Städte und Kommunen auf, den Theatern und Orchestern die Gelder, die sie für die Finanzierung der Lohnsteigerungen benötigen, zur Verfügung zu stellen.

Zum „Unwort des Jahres“ 2002 ist der Begriff „Ich-AG“ aus dem Hartz-Papier gewählt worden. Eine unabhängige Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten habe den Begriff aus mehr als 800 Vorschlägen ausgewählt, sagte Jury-Sprecher Horst Dieter Schlosser gestern in Frankfurt am Main vor Journalisten.

Die Wortbildung leide sachlich unter lächerlicher Unlogik, da ein Individuum keine Aktiengesellschaft sein könne, befand die Jury. Selbst als ironisches Bild sei der Begriff nicht hinzunehmen, da sich die aktuelle Arbeitslosigkeit mit solcher Art von Humor kaum noch vertrage. Ausschlaggebend für die Wahl sei aber die Herabstufung von menschlichen Schicksalen auf ein sprachliches Börsenniveau. (Fragt man sich allerdings, ob berufliche Selbstständigkeit zu vergünstigten Bedingungen, was Steuer und Sozialleistungen angeht, gleich ein menschliches Schicksal ist? Und was, bitte, ist sprachliches Börsenniveau?) Nun denn, auf Platz zwei setzte die Jury die Bezeichnung „Ausreisezentrum“ für Sammellager, aus denen abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden. Dieses Wort solle offenbar Vorstellungen von freiwilliger Auswanderung oder gar Urlaubsreisen wecken und verdecke damit auf zynische Weise einen Sachverhalt, der den Behörden wohl immer noch peinlich sei. Auf Platz drei landete die Bezeichnung „Zellhaufen“ für einen menschlichen Embryo. „Mit dieser sprachlichen Verdinglichung von menschlichem Leben versuchen Biotechniker die ethischen Vorbehalte gegen Manipulationen an und Tötungen von Embryonen zu unterlaufen.“ Aber so ist das eben: Wer Ich-AG sagt, sagt auch Zellhaufen.