unterm strich :
Seit gestern stehen die für den Preis der Leipziger Buchmesse Nominierten fest. Der Preis wird in den Kategorien Belletristik, Sachbuch und Übersetzung vergeben, ist mit jeweils 15.000 Euro dotiert und wird am 12. März zum Start der Leipziger Buchmesse verliehen.
Die Nominierungen im Bereich Sachbuch verraten ein heimliches Thema, das – es überrascht nicht wirklich im Jubiläumsjahr – Deutschland ist. Die identitätspolitische Frage „Wer sind wir?“ ist wieder en vogue. Das bestätigt die Jury mit der Nominierung von Herfried Münklers „Die Deutschen und ihre Mythen“ (Rowohlt Verlag) und Andreas Kosserts „Kalte Heimat“ (Siedler Verlag), einem Buch, das wegen seiner unideologischen Erzählweise über die Ausgrenzung der deutschen Vertriebenen nach 1945 in der Bundesrepublik allseits gelobt worden ist. Äußerst begrüßenswert und vielleicht sogar ein wenig überraschend ist die Nominierung der Ronald-M.-Schernikau-Biografie „Der letzte Kommunist“ von Matthias Frings, die quersteht zu den staatstragenden Publikationen zum deutschen Einheitsjubiläum. Dass die Jubiläumsproduktion der Verlage lohnt, bestätigen zwei weitere Titel: Karl-Heinz Otts sehr schöner Essay „Tumult und Grazie“ (Hoffmann und Campe) über Georg Friedrich Händel, dessen Todestag sich im April zum 250. Mal jährt, und „Darwin. Das Abenteuer des Lebens“, das Buch von Jürgen Neffe, der auf Darwins Spuren reiste.
Im Bereich Belletristik gibt es bei den Nominierten eine bunte Mischung. Statt wie bislang üblich fünf gibt’s dabei diesmal sechs Namen, wahrscheinlich um dies Jahr ein fein austariertes Angebot zu gewährleisten. Der Frankfurter Flaneur Wilhelm Genazino ist mit seinem neuen Roman, „Das Glück in glücksfernen Zeiten“, darunter (der Titel klingt wie der kleinste gemeinsame Nenner aller Genazino-Romane!). Reinhard Jirgl vertritt mit dem Roman „Die Stille“ die Riege der schwierigen, aber lohnenden Kunstprosaschreiber. Daniel Kehlmann ist mit „Ruhm“ auch dabei – längst heiß diskutiert zwischen toll (Spiegel, FAZ, FAS) und interessant, aber auch irgendwie blass (SZ, FR, Zeit, taz). Aus dem Hause Suhrkamp (bald Berlin?) kommen zwei hoch gehandelte Romane: Andreas Maier mit „Sanssouci“ und Sibylle Lewitscharoff mit „Apostoloff“ – Frau Lewitscharoff bestritt übrigens beim letzten Suhrkamp-Kritikerempfang die traditionelle Autorenlesung, womöglich ja als letzte Autorin überhaupt im alten Frankfurter Haus? Die sechste Nominierte ist Julia Schoch mit dem Buch „Mit der Geschwindigkeit des Sommers“; einem Roman mit dem in Leipzig gern gesehenen Ostbezug, er erzählt vom Untergang die DDR. Alsdann!