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Archiv-Artikel

unterm strich

Im Rollstuhl hat der 80-jährige Komponist György Ligeti am Samstag in Frankfurt den Theodor-W.-Adorno-Preis entgegen genommen. Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth schob den Geehrten selbst auf die Bühne, um ihm die mit 50.000 Euro dotierte Auszeichnung zu überreichen. Die Stadt ehrt mit dem Adorno-Preis seit 1977 Persönlichkeiten für hervorragende Leistungen auf den Gebieten der Philosophie, der Musik, des Theaters oder des Films. Die Musik des gebürtigen Ungarn Ligeti habe „eine große Affinität mit Adornos Musikästhetik“, heißt es in der Preisurkunde. Ligeti habe „die Vision einer neuen Musik verwirklicht“ und mit einer „außerordentlichen stilistischen Vielfalt“ den „Grunderfahrungen der Moderne Ausdruck verliehen.“

In seiner Laudatio zeichnete der Musikkritiker Gerhard Koch dann ein etwas differenzierteres Bild. Adorno habe zwar Ligetis Musik sehr gelobt. Später, nach Adornos Tod, habe sich Ligeti allerdings außereuropäischen Einflüssen geöffnet: „Damit hätte Adorno wohl nichts anfangen können.“ Auch Ligetis Symphonie für 100 Metronome wäre ihm wohl zu weit gegangen. Der Geehrte selbst berichtete von seinen persönlichen Begegnungen mit Adorno, dessen Schriften er „sehr bewundert“ habe, obwohl er vieles darin nicht verstanden habe.

Die Schriftstellerin Christa Wolf ist rückblickend der Ansicht, dass sie nach der Ausbürgerung Wolf Biermanns aus der DDR 1976 aus der SED hätte austreten sollen. Das betonte Wolf am Samstag in einem Gespräch mit dem Berliner Tagesspiegel. Ihr Mann Gerhard Wolf wurde seinerzeit aus der Partei ausgeschlossen, sie erhielt eine „Rüge“. Beide gehörten zu einer prominenten Gruppe von Künstlern, die gegen die Ausbürgerung Biermanns protestiert hatten. Damals habe sie aber gedacht, wenn sie die Partei verlasse, müsse sie auch das Land verlassen, „und das wollte ich nicht“, sagte Wolf der Zeitung.

Weiter sagte sie: Sie sei froh, dass sie das Ende der DDR miterlebt habe, und vielleicht sei sogar die Prügel folgerichtig gewesen, die sie Anfang der 90er-Jahre als „DDR-Ikone“ habe einstecken müssen. Anfang der 60er-Jahre war Wolf kurze Zeit als IM für die Stasi tätig, bevor sie später lange Jahre selber bespitzelt und überwacht wurde. Auch noch interessant: Auf die Frage, ob sie glaube, dass sie bei aller Kritik am westlichen Wirtschaftssystem wirklich annehme, dass ihre Kinder in der DDR eine bessere Zukunft gehabt hätten, sagt Wolf: „Nein, nein, da erinnere ich mich zu genau, wie man als Eltern in der DDR gegen die Indoktrination ankämpfen musste.“