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Archiv-Artikel

unterm strich

Eine Überraschung ist es nun nicht geworden. Der US-Autor Jonathan Littell hat mit seinem Erstlingswerk „Les Bienveillantes“ (wörtlich: Die Wohlmeinenden) Frankreichs angesehensten Literaturpreis Prix Goncourt gewonnen. Wie die Goncourt-Jury mitteilte, setzte sich der 39-Jährige mit den fiktiven Memoiren eines SS-Mannes in der letzten Runde unter anderem gegen Michel Schneiders „Marilyn, Dernières séances“ über Marilyn Monroe durch. Bereits vor eineinhalb Wochen hatte Littell auch den Romanpreis der Académie française erhalten.

In „Les Bienveillantes“ beschreibt Littell auf 900 Seiten das Leben eines SS-Offiziers, der nach dem Krieg ohne Reue auf seine Untaten zurückblickt und damit ein detailliertes Bild der Verfolgung und Vernichtung der Juden unter dem Nationalsozialismus zeichnet. Das Buch ist in Frankreich seit dem Erscheinen Ende August mit fast 250.000 verkauften Exemplaren ein Sensationserfolg. Der Poker um die internationalen Rechte war großes Thema der Frankfurter Buchmesse: Auf Deutsch soll „Les Bienveillantes“ nächstes Jahr beim Berlin Verlag erscheinen.

Littell ist der Sohn des Spionageroman-Autors Robert Littell. Als Kind einer jüdischen Familie wuchs er in Frankreich auf und studierte in den USA. Inzwischen lebt er in Barcelona. Vor seinem Romandebüt war er 15 Jahre lang für humanitäre Organisationen in Konfliktgebieten in der Welt unterwegs. In Frankreich wurde „Les Bienveillantes“ überschwänglich gelobt. Kritisiert wurde der Roman dagegen unter anderem von dem Filmemacher Claude Lanzmann, der befürchtet, die durchgehende Ich-Perspektive könne Verständnis für den Holocaust wecken.

Eine hübsche Adresse an die Kulturpolitik erreicht uns aus Stuttgart. Dort fordert der neue Direktor der Stuttgarter Staatsgalerie, Sean Rainbird, in Zukunft stärker selbst über den Kauf von Kunstwerken entscheiden zu können. „Es ist wenig zufriedenstellend, wenn man sich auf Dritte verlassen muss“, sagte Rainbird am Montag. Ein Direktor brauche einen „Geldbeutel“ in Form eines Ankaufs-Fonds des Museums, den er nach Absprache frei nutzen kann. Das Geld solle aus dem eigenen Haushalt und aus den Mitteln des Kulturministeriums stammen.