ulrich finckh, kriegsdienstverweigerer-papst : Kämpfer für ein Grundrecht
ULRICH FINCKH, 80, kämpfte Jahrzehnte lang gegen Diskriminierung und inquisitorische Prüfungen FOTO: DPA
Mit dem lieben Gott argumentiert er gar nicht so viel. Das muss er auch nicht, muss er doch keinen Ersatz-Papa vorschieben, um seine Gewissensentscheidungen zu rechtfertigen. Und schon gar keine staatlichen Prüfungsausschüsse, die ihm und anderen bescheinigen, ob ihre Bedenken gerechtfertigt sind.
33 Jahre lang hat Ulrich Finckh, Bremer, Pfarrer und seit gestern 80, für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung gekämpft. Von 1971 bis 2003 war er Vorsitzender der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen. 1979 hat er die Gustav-Heinemann-Initiative für Bürgerrechte mitgegründet und 1984 den Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union bekommen.
Das klingt nach viel Arbeit. Die war auch nötig, denn Kaliber und Zahl der Gegner war groß: das Verteidigungsministerium zum Beispiel tat alles, um ein Gesetz zur Anerkennung von Kriegsdienstverweigerern zu verhindern; auch Datenfälschung – sprich: das künstliche Hochrechnen der Verweigererzahlen war da mal drin. Das ergaben Finckhs Recherchen. Von den unsäglichen mündlichen Gewissensprüfungen der Siebziger erzählt er heute noch. Die sind inzwischen einem schriftlichen Antrag gewichen; auch dauert der Zivildienst nicht mehr neun Monate länger als der Wehrdienst, sondern nur noch einen.
Alles in Ordnung also für Finckh? Nun ja, er ist stolz, aber auch unzufrieden. Denn erstens geht das Erreichte nur teilweise auf sein Konto: Der Überhang an Wehrpflichtigen durch die Wiedervereinigung sowie die Kürzung des Etats für Zivis erhöhten die „Toleranz“ des Staats ganz erheblich. Außerdem ist, so Finckh, das Grundrecht auf Verweigerung immer noch nicht Gesetz: „Ein Grundrecht, das ich schriftlich beantragen muss, ist keins“, sagt er. Abgesehen davon dräut bereits das nächste Problem: das des fehlenden Rechts auf partielle Verweigerung. Im Kosovo-Krieg etwa, als Luftwaffen-Piloten keine zivilen Ziele bombardieren, im Übrigen aber weiterfliegen wollten. Sie konnten nicht, denn Teilverweigerung sieht das Gesetz nicht vor. Ein paar Aufgaben warten da schon noch auf Finckh. PS