taz-serie „wie retten sie die welt?“ : „Mein Beitrag ist Aufklärung“
Auf dem G-8-Gipfel in Heiligendamm treffen sich die Mächtigen der Welt, um zu besprechen, wie es mit unserer Erde weitergehen soll. Antworten – das ist jetzt schon klar – werden sie keine finden. Sie brauchen Nachhilfe. „Wie retten Sie die Welt?“, fragt die taz anlässlich des Gipfels jeden Tag eine/n interessante/n Berliner/in.
„Der Frage, wie rette ich die Welt, geht eine andere voraus. Nämlich: Wie gefährdet ist die Welt? Da gibt es natürlich mehrere Themen, an denen Gefährdung festgemacht wird, seien es Wirtschaft oder Epidemien, Kriege oder Erderwärmung. Als Meteorologe interessiert mich die Klimaproblematik. Die wird derzeit vor allem global diskutiert, dabei ist das Lokale genauso wichtig.
Die Welt retten – das klingt nach einer Aufgabe für Supermann. Das bin ich nicht. Aber ich kann sehen, was ich in meinem Umfeld tun kann. Damit komme ich eigentlich bei der Verantwortung jedes einzelnen an.
Jeder kann etwas tun und sollte es auch. Beim Thema Klimaproblematik etwa kann man etwas gegen den CO2-Ausstoß unternehmen. Man kann Fahrrad fahren anstatt mit dem Auto. Man kann aufhören, auf kurzen Strecken zu fliegen. Man kann achtsam konsumieren. Wenn viele sinnvoll handeln, summiert sich das zu etwas mit größerer Wirkung. Wir sind in Europa ja aufgrund unseres Lebensstandards in der komfortablen Lage, tatsächlich als Einzelne etwas tun zu können. Das ist natürlich eine Frage der Aufklärung. Bei der Aufklärung sehe ich mich in der Verantwortung.
In die Berechnungen der globalen Klimaszenarien fließen Kenntnisse darüber ein, wo Emissionen von Treibhausgasen in welchem Umfang stattfinden. Sei es durch natürliche Bedingungen oder durch menschliche Aktivitäten. Ein Lebensstil, der auf „Geiz ist geil“ und ein „Weiter wie bisher“ basiert, führt – lokal heruntergerechnet – zu anderen Emissionen und anderem Energieverbrauch als einer, der verantwortungsbewussten, ressourcenschonenden Konsum zur Grundlage hat. Bei Ersterem werden mehr klimaschädliche Emissionen ausgestoßen, bei Letzterem weniger. Egal welches Szenario man zur Grundlage der Emissionsberechnungen nimmt, im Ergebnis ist klar: Es wird eine Erderwärmung geben. Um zu erreichen, dass sie so niedrig wie möglich ausfällt, stehen all unsere Gewohnheiten auf dem Prüfstand.
Alle kleinräumigen Veränderungen tragen in der Summe zur globalen Klimaproblematik bei. Umgekehrt kann man aus den globalen Klimaszenarien nicht auf die lokale Entwicklung schließen. Das Klima wird lokal stark und auch irreversibel verändert. Nehmen Sie die Urwaldrodung oder den Ausbau der Städte. Andererseits laufen globale Auswirkungen wie die Polabschmelzung jetzt ab. Das heißt allerdings nicht, dass man nicht eingreifen könnte und es nicht anders verlaufen kann. In der Summe haben wir noch eine Menge Ungewissheit, dadurch aber auch Handlungsspielraum. Wenn wir unsere Lebensbedingungen und unser Handeln ändern, gibt es auch andere Klimaprognosen.
All diese Fakten zusammengenommen führen mich zurück zu jedem einzelnen. Ich kann energiesparend leben. Als Verkehrsteilnehmer ebenso wie als Hausbesitzer. Ich kann verantwortungsvoll konsumieren. Das sind einfach Sachen. Das Kaufverhalten kann eine Menge bewirken. Jeder kann darauf achten. Aufklärung ist mein Beitrag zur Rettung der Welt. Ich bemühe mich, selbst danach zu handeln – sonst wäre meine Aufklärung nicht ehrlich.“
PROTOKOLL: WALTRAUD SCHWAB
Eberhard Reimer, 60, ist Meteorologe und Leiter der Umweltforschung am Institut für Meteorologie der Freien Universität. Er beschäftigt sich unter anderem mit Fragen der Luftreinheit.