taz-serie: „ware umwelt“, teil 5 : Wie ausländische Firmen sich exotische Früchte aus Amazonien sichern
Verbotene Schokolade
Als Michael Schmidlehner im vergangenen November ein Päckchen mit Pralinen und Konfitüre aus dem Amazonas-Urwald nach Deutschland schickte, konnte er nicht ahnen, welche Lawine er lostreten würde.
Der 38-jährige Österreicher von der Nichtregierungsorganisation Amazonlink im brasilianischen Bundesstaat Acre wollte sondieren, ob sich die Leckereien aus der kakaoähnlichen Cupuaçu-Frucht auch in Europa vermarkten ließen.
Schnell stellten seine Bekannten fest, dass sich die Firma Asahi Foods aus Kioto bereits 1999 in Japan, den USA und der EU den Markennamen Cupuaçu gesichert hatte. In Deutschland drohte sie möglichen Konkurrenten mit einem Bußgeld von 10.000 Dollar. Damit ist es den Kleinbauern aus Amazonien verwehrt, ihre Produkte unter der Originalbezeichnung zu verkaufen. Auch die Herstellung von Cupuçu-Schokolade möchte sich Asahi Foods exklusiv sichern, unter anderem beim Europäischen Patentamt in München. Dabei ist das Verfahren bereits in den Achtzigerjahren von brasilianischen Forschern entwickelt worden, doch das Patent des staatlichen Embrapa-Instituts aus dem Jahre 1990 gilt nur für Brasilien.
Bei seinen Recherchen stieß Schmidlehner auf Dutzende ähnlicher Fälle. Umkämpft sind etwa die Rechte auf die Nutzung der Andiroba- und Copaiba-Bäume, aus denen medizinische und kosmetische Öle gewonnen werden, der Biribiri-Pflanze, deren Samen von Indianern zur Geburtenkontrolle verwendet werden, und der halluzinogenen Ayahuasca-Substanz.
Im März hat ein Amazonas-Arbeitsbündnis mit über 500 Basisorganisationen Asahi Foods in Japan auf Rückgabe des Markenzeichens verklagt, denn dort dürfen Namen von Rohstoffen nicht geschützt werden. In Brasilien setzt sich das Bündnis für ein Gesetz gegen Biopiraterie ein. Der Druck zeigt Wirkung: Die Regierung des sozialistischen Präsidenten Lula plant, den Fall Cupuaçu vor die Welthandelsorganisation zu bringen. GERHARD DILGER
www.amazonlink.org www.biopiraterie.de
„Ware Umwelt“: Serie zum Kongress McPlanet.com von BUND, Greenpeace und Attac am Wochenende in Berlin (www.McPlanet.com)