stau und politik : Wittkes folgenlose Einsicht
Weil fast jeder irgendwann Autofahrer ist und dann natürlich ungern im Stau steht, herrscht auf den Straßen immer Wahlkampf. Die Opposition versucht, die nervige Wartezeit der Regierung in die Schuhe zu schieben. CDU und FDP wetterten deshalb jahrzehntelang gegen das „Stauland NRW“ und den „Rau-Stau“. Doch jetzt, kein Jahr nach dem Wahlsieg, muss der CDU-Verkehrsminister schon den Stauberater geben.
KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN
Gestern räumte Oliver Wittke ein, was vor der Wahl noch zur Argumentation der alten Landesregierung gehörte: Auf den dicht befahrenen 2.200 Autobahnkilometern des Landes geht es nicht ohne Staus. Doch Wittkes Einsicht bleibt politisch leider komplett folgenlos: Statt neuer Verkehrskonzepte, die auf der Systemimmanenz der Verkehrslähmungen fußen, setzt der Minister auf heiße Luft und altes Denken.
Oliver Wittke nennt das dann „Baustellenmanagement“. An den Autobahnen will er mehr Schilder aufhängen und kräftig schuften lassen – „von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang“. Und wem das noch nicht martialisch genug klingt, für den versucht sich der Gelsenkirchener gleich an einer Prophezeiung: Der Weg in den Himmel führt durch die Hölle, die aber werde er so erträglich wie möglich machen.
Doch Wittkes Autofahrerhimmel wird auf sich warten lassen. Denn auf absehbare Zeit werden Bund und Land nicht die Mittel aufbringen können, um Fernstraßen so auszubauen, dass sie der steigenden Zahl von Verkehrsteilnehmern gewachsen sind. Ein wirklich flüssiger Fernverkehr auf grundsanierten Autobahnen ist nicht mit Baustellenmanagement zu kriegen, sondern mit einer Verkehrswende. Die würde etwa dafür sorgen, dass die Fahrt auf der Autobahn auch für den PKW-Fahrer Geld kostet – das und ein gewaltiger Ausbau des öffentlichen Regionalverkehrs reduziert die Zahl der Verkehrsteilnehmer auf Fernstraßen. Doch die PKW-Vignette, die es in halb Europa gibt, lehnt Wittke ab.