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Archiv-Artikel

standbild Ghettomentalität

„Traumberuf Zuhälter“

(Mi., 20.45 Uhr, 3sat)

Dunkle Wolken brauen sich über tristen Hochhausfassaden zusammen. Dazu Westernmusik und ein Off-Erzähler, der Alliterationen über „Gangsterposen, Gaunereien und Gewalttaten“ ausländischer Jugendlicher zusammenreimt. Trotz dieses plumpen, latent ausländerfeindlichen Einstiegs ist Markus Rehers Dokumentation über Jugendgangs in Deutschland sehenswert. Das liegt nicht an der durchschnittlichen Machart, die mehr an RTL als an 3sat erinnert, sondern an den Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten, die freimütig über ihre kriminelle Karriere sprechen.

Dabei wird vor allem eines deutlich: Erpressung oder Raub entstehen weniger aus krimineller Energie denn aus Agonie. Ghettoisierung und Perspektivlosigkeit prägen den Alltag der jungen Migranten. „Träume werden nicht wahr“, urteilt Murat aus Kreuzberg lakonisch. Da sehen viele ihre Aufstiegschance im kriminellen Milieu, und Zuhälter wird zum Traumberuf.

Mehr als anreißen kann Reher das Thema in 30 Minuten nicht – obwohl kein Bild unkommentiert bleibt. Das ist jedoch eher störend als informativ. Immerhin bekommt man einen Eindruck von der Machtlosigkeit von Sozialarbeitern und Polizei. Ihre Maßnahmen gegen Jugendgewalt und Gangbildung bleiben punktuell. Auch vom Film hätte man sich einen umfassenderen Einblick gewünscht. Eltern, Lehrer und Opfer kommen leider nicht zu Wort. MEIKE RÖHRIG