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Archiv-Artikel

soundtrack

Mit einem hübschen Indietronic-Doppelpack beginnt die Konzertwoche in der Astra-Stube. Dort sind zum einen die Finnen von James Reipas zu hören, die als Pioniere der finnischen psychedelischen Tanzmusik gelten. Das Trio aus Helsinki verbindet mit Kleinteil-Synthesizern gefertigten Electro und psychedelische Tanzmusik mit notierten Phaseninstrumenten wie Flamencogitarren, Phasentrommeln und Percussion. Mit ihrem eigenwilligen Sound verbunden mit viel Improvisation haben sie sich in ihrer Heimat bereits eine enorme Popularität erspielt. Die drei Wahlberliner von Sirkorski kommen aus der anderen Richtung, vom Indierock. Progressive Rocksounds werden mit Discopop und Minimal-Electro-Trash mit schwerem 80er-Einschlag aufgepeppt. „Trans Am“, „The Notwist“ und Gary Numan lassen grüßen. Das Ganze nennt sich dann „ästhetische Systemmusik“ oder schlicht „Electronic-Post-Music“.

Im Knust geht es einen Tag später sportlich zur Sache. Die Lokalmatadoren von der Gruppe Sport laden zum Heimspiel und was liegt da näher als die Quasi-Namensvettern von Fitness auf die Bühne zu bitten? Die Kölner haben jüngst eine Platte mit dem wohlklingenden Namen „Neurosenrodeo“ gemacht. Was darauf zu finden ist und live präsentiert wird, ist indes jeglichem Wohlklang abhold. Hektische frickelnde Gitarren abseits jeglicher Melodie, schnell und streckenweise komplett ohne Ordnung. Noiserock, der ein bisschen klingt wie „At the Drive-In“ auf Speed. Etwas bodenständiger und ohne jede Hysterie gehen demgegenüber die Hamburger Wüstenrocker von Das Weeth Experience um „Michelle Records“-Betreiber Christof Jessen zur Sache. Dem Kollegen von der MOPO kam deren Sound so vor, als wolle Neil Young „Tortoise“ remixen. Für andere klingt es, als habe es Krautrock nie gegeben. Irgendwo zwischen Powerrock und Soundexperimenten, ohne dass irgendjemand die Fahne in den Wind des Zeitgeistes hängt. Verlierer gibt es jedenfalls heute Abend keine.

Wem das zu rockig ist, der ist am Freitagabend besser im Uebel & Gefährlich aufgehoben. Dort erklimmt die aus New York City stammende Balkan Beat Box um Tamir Muskat und Ori Kaplan – mittlerweile zwei der wichtigsten Protagonisten in Manhattans Musik-Underground – im Rahmen der Datscha-Party mit ihrem urbanen „Electro-Gypsy-Brass-Folk“ die Bühne. Und zwar nicht nur mit MusikerInnen. Performancekünstler, Bauchtänzerinnen, FlamencotänzerInnen, DJs und VJs setzen farbenfroh kostümiert und ausstaffiert eine Musik in Szene, die sich gleichermaßen aus der elektronischen Tanzmusik und der Weltmusik speist. Bis zu 15 MusikerInnen aus Israel, Marokko oder dem Iran verschmelzen die Klänge Nordafrikas, des Mittleren und Nahen Ostens, des Balkans und Osteuropas, arabische, sephardische und chassidische Melodien mit Techno, Hip-Hop, Breakbeats und Dub. Waghalsig, turbulent und latent wahnsinnig wird die Fusion auf die absolute Spitze getrieben. ROBERT MATTHIES

Sirkorski + James Reipas: Do, 22. 2., 21.30 Uhr, Astra-Stube Sport + Fitness + Das Weeth Experience: Fr, 23. 2., 20 Uhr, Knust Balkan Beat Box: Fr, 23. 2., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich