so war‘s: sujata Bhatt liest zwischen Gemälden : Die weibliche Dreifaltigkeit
Vielleicht ist es ja ein profanes Klischee. Aber es hätte wirklichnur noch einer klingenden Sitar bedurft, und die kulturelle Verwirrung gleichwie Interaktion wären komplett gewesen: Literarische Woche im Paula-Modersohn-Becker-Museum. Zwischen Bildern der Namenspatronin las die gebürtige Inderin Sujata Bhatt aus ihrem jüngsten Werk „A Colour for Solitude“ , was so viel heißt wie „Eine Farbe für Einsamkeit“. Ein Poesiealbum zu Paula-Modersohn-Beckers Bildern; eine zärtliche Hommage an die Künstlerin. Was sollen uns all die wissenschaftlichen Interpretationen jener Selbstbildnisse, wenn doch Sujata Bhatt, diese zerbrechlich-mädchenhaft wirkende 47-Jährige, uns deren Seele in anmutiger Leichtigkeit seziert? Und sie zugleich coloriert: In singendem Tonfall zelebriert Bhatt fast ehrfürchtig ihren lyrischen „Sound of poems“ – in Englisch. So, dass in Gedanken tatsächlich Sitarklänge zu hören sind. Die Dichterin vereint in sich indische, amerikanische und europäische Kultur. Das macht ihren Blick, ihre Bildsprache so einzigartig: Zerbrochen, verschmolzen, inspiriert – zur Dreifaltigkeit zusammen gefügt.
Ebenso faszinierend der Kontrast, der durch das Lesen der deutschen Fassungen entsteht. Hille Darjes, Großnichte Modersohn Beckers, liest die Übertragungen von Michael Augustin und Jürgen Dierking. Und mit ihrer Physiognomie und Stimmlage entblättert sie die Wortbilder, die der Poetin selbst aus dem Inneren entschweben. Auch sie interpretiert. Und zwar beide: Die Malerin und die Dichterin. Und auch das hat viel Persönlichkeit: Paula, Sujata, Hille – da haben wir sie, die Dreieinigkeit. Daniela Barth