schurians runde welten : Natürlich ist Podolski blond
„Er ist mit zehn Kilo Übergewicht aus dem Urlaub gekommen und muss erstmal abspecken“ (Andreas Wessels über Mitspieler Lukas Podolski)
Ich bin enttäuscht von Gerhard Delling. Dabei kann der Sportmoderator nichts dafür, dass ihm bei seinem Tagesthemen-Gastspiel Günter Netzer fehlt, der zu den Meldungen um Merkel, Schröder, Köhler einwerfen könnte, dass seinerzeit sowieso alles besser war, was wenigstens eine tröstliche Phantasie ist. Übrigens sind Netzer und Delling nicht zufällig blond: Alle wichtigen Deutschen sind blond – naja, fast. Aber: Alle wichtigen Blonden sind den Deutschen ganz besonders wichtig. Delling und Netzer ergeht es da kaum anders als Jan Ullrich.
Der darf sich, nachdem er in vier Stunden vier Alpenpässe hoch fuhr und Vierter wurde, nicht ausruhen, sondern muss enttäuschten bis zornigen Reportern samt Fernsehgemeinde wieder Mut zusprechen. Und warum?
Weil Jan Ullrich als junger wie blonder Kerl einst ein paar sehr gute und heiße Tour-Tage ohne Lance Armstrong hatte, in denen er so kraftvoll wie mühelos dem Feld davon flog, dass alle dachten, der wird das jetzt immer so machen können, er muss es nur wollen. Da dem Radprofi aber Armstrong, Appetit und Autounfälle dazwischen kamen, wurde aus dem Weltspitzenathlet ein Radrennfahrer der enttäuschten Hoffnungen. Und natürlich sind es unsere Hoffnungen.
Wer die Tour de France schaut, um Jan Ullrich siegen zu sehen, wer sich ärgert, wenn es Ullrich nicht schafft, wer von Phlegma faselt, der falschen Trittfrequenz oder dem stoischen Fahrstil, wer den Gipfelsturm erst beschwört, um den Helden beim Interview nach der Bergankunft wieder fallen zu lassen, hat ein größeres Problem als der Rennradler. Der muss sich einfach nur Schnelleren geschlagen geben.
So gesehen wird einem Angst und Bange um Lukas Podolski. Auch der Mittelstürmer des FC Köln spielt mitreißend, mitunter gelingen ihm die kompliziertesten Dinge mit einer Leichtigkeit, dass man ihm endlos zuschauen möchte. Doch weil es beim Profisport nicht um Schönspielerei, sondern um die Durchsetzung von Interessen geht, wird aus dem fröhlichen Jungstar nach ein paar Blessuren, dem obligatorischen Formtief und von Hinz und Kunz gestreuten Wechselgerüchten, bald ein vorsichtiger Zeitgenosse mit weniger Freude, der sich für seine Fehlschüsse entschuldigen muss. Ach ja, natürlich ist Podolski blond.
23.7. Premiere Ligapokal
Ausgerechnet in der LTU-Arena zu Düsseldorf wird das Ende der fußballerischen Sommerpause eingeläutet, dabei war hier alles, nur nicht Pause. Im Dauerclinch um das Millionenbauwerk liegen der seltsame Unternehmer Gerald Wagener und der größenwahnsinnige Stadtchef Joachim Erwin. Wie bei den Kämpfen machiavellistischer Fürsten, beharken sich die beiden Streithähne und schrecken nicht einmal zurück vor klassischen Fußtruppen für die Drecksarbeit: So rangelten Anfang Juli für ihre Herren die Sicherheitsleute der „Rhein Security“ mit den Mitarbeitern der Firma „Klüh“. Was mindestens so spannend war wie der Aufgalopp der Ligabesten, die sich am Samstag immerhin als Double-Feature einstellen: Erst spielt Bayer Leverkusen gegen Werder Bremen, dann Hertha BSC gegen VfB Stuttgart. CHRISTOPH SCHURIAN