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Archiv-Artikel

schurians runde welten Hennessy am Hennesee

„Bei der WM muss es auch in der kleinsten Stadt, im abgelegensten Dorf, heißen: Runter vom Sofa, raus auf die Straße.“ (Reiner Calmund)

„Die Welt zu Gast bei Freunden“? Das Motto der heran keuchenden Fußball-Weltmeisterschaft hat einen Makel: Wie heißt es auf Englisch? „The World a Guest of Friends“ klingt nicht nur falsch, ist es auch. Also hat man nachgedichtet: Die Welt soll mit „A time to make friends“ ins Fußballland gelockt werden. Was dann auf Deutsch rumpelig daher kommt wie Spieleröffnungen von Christian Wörns. Deutschland mag sich noch so liften, putzen, reformieren – aus Meschede wird keine weltläufige Stadt.

Meschede? Ja, die Stadt zwischen Ruhrgebiet und Sauerland mischt mit in den WM-Vorbereitungen. Verschickt Pakete an Medienvertreter mit einem Kunstrasenstück. Alles für das große Ziel: Meschede will das Quartier stellen für eine der 31 teilnehmenden Nationalmannschaften. Es geht den Stadtoberen um fragwürdige wie überschätzte Wirtschaftsimpulse, die von Verbandsdelegationen, Sportjournalisten und den paar Exilanten am Trainingsplatz ausgehen sollen.

Auch die Westfalenstadt hat ein Motto entworfen: Es heißt „Meschede kickt“ und wirbt für den Rasenplatz, der sonst vom Landesligisten SSV Meschede beackert wird, sowie das Residenzhotel am Hennesee, der immerhin für Cognac-Fans einen schönen Namen hat. Und natürlich gibt es auch eine Webseite mit Animation, die ganz den verschlafenen Geist der Fußballprovinz atmet: Das Trickfilmchen heißt „Das Ding muss rein“ und stellt frei von Globalisierung oder Systemfußball elf Kelloggsgockel in Deutschlandjerseys vor.

Sie heißen Berti (“kompromisslos“), Fritz (“Fußballwunder“), Andy (“fußballverrückt“), Franz (“genial“), Paul (“inspiriert“) , Jürgen (“amerikanisch“), Rudi (“einzigartig“), Klaus (“mannschaftsdienlich“), Uwe (“vorbildlich“), Günter (“Frisur“) und Pierre (“Vollblutstürmer“). Vermutlich wird die Bewerbung Meschedes eher bei exotischen Turnierteilnehmern wie Angola oder Südkorea etwas reißen, da gelten Uns Uwe, Rudi Riese oder McBerti noch etwas.

Die nächsten Tage werden nicht nur für Meschede spannend: Spätestens nach der Auslosung am 9. Dezember legen sich die Nationalteams fest, wo sie Geheimtraining, Poolparties und Pressebulletins abhalten. Vielleicht hat Meschede aber doch gute Karten. Die Selecao Brasiliens will wohl in Castrop-Rauxel Quartier nehmen.

18.11. Bochum – Aachen

Ronaldino im Mannschaftshotel des VfL Bochum? So bekommt der Revierclub internationalen Glanz ab, der ihm in der Zweiten Liga abgeht. Heute Abend braucht‘s das gar nicht: Das stimmungsvolle NRW-Derby stellt die Weichen für die Winterstimmung an der Castroper Straße.

Fotohinweis: CHRISTOPH SCHURIAN (38) ist Redaktionsleiter der taz nrw und gegen Ballbesitz. In der Freizeitliga wartet er weiter auf sein erstes Saisontor.