schurians runde welten : Wie ausgewechselt
„Man weiß, wie es gegen englische Klubs zur Sache geht.“ (Carsten Ramelow)
Als nächstes versuchen sie es mit Sporttaschen. Hab‘ ich im Gefühl. Fußballer sollen dann endlich Behältnisse bekommen, die etwas hermachen. Die sich viel besser tragen lassen, mit jeder Menge Fächern und Funktionstaschen für Unterwäsche, Schuhe, Strümpfe, Stutzen, Handtücher, Schmutziges und Nasses, Eisspray, Föhn, Bürste, Tape, Duschgel, Trainingsanzug, Schienbeinschoner. Und unbedingt ein herausnehmbarer Extrasack für Geldbörse, Handy, Schlüssel, der in den gemeinschaftlichen „Wertsachenbeutel“ wandern kann. Vielleicht ein Brillenetui. All das also, was es für Hockeyspielerinnen oder Tennissportler längst gibt.
Es ist schon erstaunlich, wie sich ausgerechnet im Weltsport Fußball immer wieder Vermarktungslücken auftun. Seinen Amateurismus kann der Kick auch nach 150 Jahren nicht ablegen. Fußball bleibt ein konservativer Sport; mit neuen Ideen lässt sich kein Geld verdienen. Das beweisen auch die Fußballschuhe.
Bis Mitte der 1990er Jahre waren die immer schwarz mit weißen Markenzeichen. Erst danach wurden sie vorsichtig aufgehübscht, etwas farbiger, etwas umdesigned. Aber auch das geht im Fußball nicht ohne Brüche ab.
Die Firma Adidas legte 1994 ihren so genannten „Predator“ vor, der auch tatsächlich ein bisschen aussah wie ein Raptorenfuß aus dem Saurier-Film Jurassic Park. Durch aufgetragene Gummischuppen auf dem Schuhspann sollte der abgeschossene Ball schneller und unberechenbarer werden. In der ersten von insgesamt acht Überarbeitungen dieses Modells geriet der Gummiüberzug sogar etwas dicker, wulstiger, beim dritten Update wurden ganz viele kleine Schuppen daraus. Doch schon beim vierten Predator – Baujahr 2000 – hatten sich die Schuppen wieder zurückgebildet auf das Niveau der Oberhaut des Sportschuhs. Die nächsten Modelle verzichteten wieder auf Gummi, wurden lederner, schwarz, ja, sie sahen aus wie immer schon. Und auch der neueste Predator, nun ist er golden und stammt aus dem Windkanal, wird sich vermutlich als ein Fehler der Evolution entpuppen. In vier Jahren sind die Pöler eh wieder alle schwarz.
Ach ja, modernisierte Fußballertaschen: Als ich neulich eine kaufen musste, weil aus meiner Asche rieselte und ein Geruch nach Füßen drang, stöberte ich durch wenig erbauliche Auslagen und griff zu einer etwas handlicheren – ohne praktische Abteile und Taschen, aber dafür mit einem genauso bescheidenen wie weisen Aufdruck: „down & out“ heißt das grau-schwarze Produkt; fertig und ausgewechselt. Der Fußballer-Kunde kauft eben gerne etwas anders ein. CHRISTOPH SCHURIAN