schlossplatz, kunst etc. : Denkhilfe für Florian Illies
Was für eine schöne Idee, die das Kunstmagazin Monopol in seiner aktuellen Ausgabe auf sechs Doppelseiten präsentiert und die die FAZ, der ehemalige Arbeitgeber des Monopol-Herausgebers Florian Illies, seitdem alle paar Tage mit großen Artikeln bedenkt, um ihr Hall zu verleihen. Statt der Wiese, die auf dem Berliner Schlossplatz angelegt werden wird, sobald der Palast der Republik abgerissen ist, soll eine Kunsthalle her, ein „Museum auf Zeit für die Kunst von heute“. Fünf Architekturbüros zeigen Entwürfe: von Schneider + Schuhmachers Idee eines bunten Centre Pompidou aus Containern bis zu Sauerbruch Huttons Riesen-White-Cube. Die Debatte, so Monopol, sei eröffnet.
Doch halt – war es nicht eine Idee der Schlossgegner gewesen, die Palastruine als ein Zwischennutzungs-Centre-Pompidou zu begreifen? Hatte es nicht sogar einen White Cube in der Ruine gegeben? Nicht dass irgendjemand Copyrights auf diese Ideen angemeldet hätte, aber wie landen sie nun ausgerechnet im Monopol? Wo doch Florian Illies sich als ein so früher wie vehementer Befürworter des Wiederaufbaus des Stadtschlosses gab (da war er noch bei der FAZ und schrieb auch Aufrufe, Brandenburg müsse in Preußen umbenannt werden)? Was geht hier vor? Zumal der im Heft präsentierte Entwurf des Architekten Meinhard von Gerkans dem Republikpalast stark ähnelt. Ist das der „Berliner Umgang mit Geschichtszeugnissen“, den Peter Richter in der gleichen Ausgabe ein paar Seiten vorher schön so skizziert: „erst mal alles auf den Müll und dann warten, bis sich ein Förderverein findet, der Geld für Repliken sammelt“?
Nun besteht Illies zwar darauf, dass er die Vorschläge seines Magazins auf gar keinen Fall als Auftakt einer neuen Schlossdebatte verstanden wissen möchte. Doch das kann man getrost anzweifeln. Viel wahrscheinlicher ist, dass Konservative den Kopf erst jetzt freihaben, um wirklich über die Zukunft des Platzes nachdenken zu können. Vorher musste immer die eine Vergangenheit mit der anderen gekontert werden. Wie viele Palastverteidiger führten sie einen Kampf um politische Symbole, es ging ihnen nicht um Stadtplanung und Architektur. Nun ist der kommunistische Schandfleck auf dem „vielleicht wichtigsten Platz der Nation“ (Illies) beseitigt. Und abgesehen davon, dass Anstoßen von Debatten gut fürs Geschäft ist – auch einem Neokonservativen wie Illies dürfte in seinem provinzgestählten Lufthansa-Weltbürgertum dämmern, dass mit einem nachgebauten Hohenzollernschloss langfristig kein Blumentopf zu gewinnen ist neben all den spektakulären Museumsbauten, die andere Städte für sich werben lassen.
Vielleicht ist die Debatte ja wirklich eröffnet. Nicht nur die über den Rasen. Auch die über das Schloss. TOBIAS RAPP