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Archiv-Artikel

schiefe töne bei der hochzeit von RALF SOTSCHECK

Die Hochzeit war fast bis ins letzte Detail geplant. Lisa hatte eine der vielen einschlägigen Zeitschriften zu Rate gezogen: „Kaufe dein Hochzeitskleid mit höchstens ein, zwei Leuten, denen du vertraust – sei es deine Mutter, deine Brautjungfer oder Tante Susi. Es muss jemand sein, der deinen Stil kennt und der ehrlich zu dir ist.“ Die Verkäuferin war ehrlich: Sie empfahl Lisa die Gardinenabteilung, denn die Braut in spe war im siebten Monat schwanger, was die Auswahl an herkömmlichen Kleidern erheblich einschränkte.

Barry, dem Bräutigam, empfahl das Magazin, den Schwager zu umarmen, „selbst wenn er ein Arschloch ist“. Außerdem sollte er sich um „gutes Essen, schöne Blumen und angenehme Musik“ für die Hochzeit kümmern. Essen und Blumen waren kein Problem, aber bei der Musik geriet er mit dem Pfarrer, der ohnehin beim Anblick der hochschwangeren Braut die Augenbrauen bis zur Decke hoch gezogen hatte, aneinander.

„We Have All The Time In The World“ von Louis Armstrong sei keine gute Wahl, monierte der irische Pfaffe, weil in Anbetracht des Zustands der Braut höchste Eile geboten sei. Stattdessen empfahl er dem Brautpaar, im Internet nach passender Musik zu suchen. Gibt man bei Google das Suchwort „wedding music“ ein, erhält man Verweise auf 16 Millionen Websites. Wer hätte gedacht, dass so viele Knalltüten nichts Besseres zu tun haben, als sich um die Beschallung einer Eheschließung zu kümmern?

Eine davon ist Pat O’Donoghue. Der Pfarrer rauft sich die Haare in Anbetracht der Musikwünsche seiner Schäfchen. Ein Paar habe sich „I Don’t Know How To Love Him“ ausgesucht, ein anderes wollte unbedingt „Will You Still Love Me Tomorrow?“ zur Eheschließung ertönen lassen. Beide Songs kamen natürlich nicht in Frage, denn eine kirchlich geschlossene Ehe gilt nun mal für immer, da spielt die Liebe keine Rolle. Über das Lied „D.I.V.O.R.C.E.“ werde er gar nicht erst diskutieren, sagt O’Donoghue. Der beliebteste Song bei irischen Hochzeiten ist immer noch Celine Dions „My Heart Will Go On“, die Titelmelodie des Films „Titanic“. Das sei auch kein guter Beginn für eine Ehe, meint O’Donoghue: „Schließlich geht es in dem Lied um ein Schiff, das gesunken ist.“ Der empörendste Musikwunsch eines Hochzeitspaars sei aber „Help Me Make It Through The Night“ gewesen, sagt O’Donoghue, das grenze an Gotteslästerung. Ein Paar konnte er durch ihren Musikwunsch als Bigamisten entlarven. Das Paar hatte sich „Oops I Did It Again“ von Britney Spears ausgesucht. Der Pfarrer recherchierte und fand heraus, dass der Bräutigam sich in England hatte scheiden lassen, was in den Augen der Kirche nicht gilt. So musste das Paar vor dem Standesamt heiraten, was laut Kirche ebenfalls nicht wirklich gilt.

Um bei den fatalen Musikwünschen Abhilfe zu schaffen, hat die irische katholische Kirche nun eine Hochzeits-CD für 15 Euro herausgegeben. Sie enthält 26 Lieder, die den päpstlichen Segen für Hochzeiten haben, darunter Gassenhauer wie „Ave Maria“ und „We Praise You O Lord“. Als Barry seinen dritten Musikwunsch vortrug, warf ihn der Pfarrer hinaus. Es war „If You Can’t Be With The One You Love, Love The One You’re With“ von Crosby, Stills & Nash.