schattenwelt, boock etc. : Umstrittene Beratung
Die aktuelle Wiederauferstehung der RAF in den Medien hat ein Filmprojekt in die Schlagzeilen gebracht: „Schattenwelt“ von Connie Walther. Mit Stefan Austs und Helmar Büchels Sensationsdoku „Die RAF“ hat es nichts zu tun, und auch Bernd Eichingers kommendem Spielfilm zum „RAF-Komplex“ will es keine Konkurrenz machen. Die Dreharbeiten zu „Schattenwelt“ wurden in Freiburg begonnen und zurzeit in Berlin weitergeführt. Franziska Petri spielt die Tochter eines RAF-Opfers, die auf einen entlassenen RAF-Häftling (Ulrich Noethen) stößt und in eine Geschichte von „Schuld und Sühne“ – so Connie Walther bei einer Pressekonferenz in Berlin – mit ihm verstrickt wird. „Schattenwelt“ fragt, ob die Versöhnung zwischen einem Täter mit typischem RAF-Selbstverständnis und seinen ins Vergessen abgedrängten Opfern möglich ist.
Die Produktions-PR nannte Peter-Jürgen Boock als Koautor. Diese Meldung kreuzte sich mit Boocks auffälliger Kronzeugen-Positionierung in der jüngsten Dokumentation von Aust und Büchel. Der Terrorismus ernähre seinen Mann, befand Andreas Platthaus in einem FAZ-Kommentar, nachdem „Die RAF“ ausgestrahlt worden war. Anstoß erregte Boocks augenscheinlich lukrative Selbstvermarktung. Der moralische Eifer traf „Schattenwelt“, obwohl Boocks Vertrag mit dem Spiegel und Eichingers Constantin-Film umstrittener sein müssten. FDP-Parlamentarier Rainer Brüderle spitzte den Vorwurf in der Bild-Zeitung zu, der „Schauschämer“ Boock habe als Drehbuchautor öffentliche Fördergelder erhalten. Solche Art von Filmförderung sei eine Verhöhnung der Opfer.
Rührig nutzte das Team um Connie Walther den Wirbel zur Eigenwerbung. Uli Herrmann, „Tatort“-Redaktionsleiter beim SWR und Hauptautor von „Schattenwelt“, erklärte die missliche Koinzidenz. Die Geschichte – eine reine Gegenwartsstory ohne RAF-Nachinszenierung – habe er seit 1998 im Kopf. In Freiburg traf er damals den gerade aus der Haft entlassenen Peter-Jürgen Boock und nutzte dessen Insiderwissen für Details in der Anlage der Täter-Figur. „Schattenwelt“ geisterte einige Jahre durch die Fördergremien, bis die Finanzierung endlich stand. Boocks Mitarbeit sei nie verheimlicht worden, erklärten die Produzenten ebenso wie ein Vertreter der baden-württembergischen Filmförderung. Die „branchenübliche Vergütung“, die Boock erhalten habe, könne beim niedrigen Gagenniveau des Arthausfilms keine Frage der Bereicherung sein. „Schattenwelt“ will ein psychologischer Thriller sein, der eine Opferfigur der zweiten Generation in den Mittelpunkt stellt. Mit vollkommen fiktiven Mitteln will er von den Spuren der Geschichte in der Gegenwart erzählen. Franziska Petri erklärte, sie taste sich ohne deutliche Vorbilder an ihre Rolle heran, habe dabei aber das Gefühl, eine Zeitbombe zu spielen. CLAUDIA LENSSEN