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Archiv-Artikel

ruhrstädte Besser als Bagdad

Um starke Vergleiche sind Ruhrgebietspropheten nie verlegen: Mal wird der Pott zu Europas Los Angeles. Dann besingen sie eine Kulturlandschaft wie in New York . Oder die einzige deutsche Ansiedlung, die aus dem Weltall zu erkennen sei. All‘ diese Gedankenspiele haben etwas gemeinsam: Man kann sie schwer nachprüfen. Und: Es kann ums Ruhrgebiet nicht besonders gut bestellt sein, wenn so auf den Putz gehauen werden muss.

KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN

Jetzt haben sich auch die Stadtplaner der acht größten Ruhrgebietsstädte zu Revierpromotoren aufgeschwungen. Ihr Vorzeigethema: Wohnen. Denn, so die Dezernenten, im Pott ließe es sich besser und billiger wohnen als irgendwo sonst in Deutschland. Ein starkes Stück Wohnen.

Und deshalb würden immer mehr Leute ins Gebiet ziehen als weg. Deshalb sei das Gerede von den Schrumpfstädten grundverkehrt und das Gegenteil richtig: die Renaissance des Urbanen. Dafür sorgten auch Aufsehen erregende Städtebauprojekte.

Das Problem der prahlenden Planer: Alle Prognosen sprechen eine andere Sprache. Der Region fehlt es an Arbeit. Gut ausgebildete Menschen ziehen fort. Zurück bleibt eine alternde Bevölkerung. Zurück bleiben Migranten und ihre Kinder, oft mit schlechter Ausbildung. Auf der Strecke bleiben Hoffnungen und Chancen. Weil das Revier Restdeutschland dabei demographisch um Jahre voraus ist, sprechen Sozialwissenschaftler schon vom Laboratorium der Zukunft.

Doch einigen in den Planungsetagen sind diese Botschaften zu undifferenziert. Man habe es mit Wohnungsteilmärkten zu tun, generell aber mit guten Aussichten. Die noch besser werden, wenn sich der Städtebau den Wasserläufen zuwende. Und davon gebe es im Ruhrgebiet mit Lippe, Ruhr und Emscher gleich drei – und damit mehr als im Zweistromland. Toller Vergleich: Ruhrpott, besser als Bagdad!