rüttgers 2007 : Schwarz-gelbes Sabbatjahr
Jürgen Rüttgers hat die Langsamkeit wiederentdeckt. Nach einem unterhaltsamen Jahr 2006 mit vielen Stunts, Dönekes und überraschenden Attacken des NRW-Regierungschefs, scheint der Ministerpräsident 2007 das politische Tempo drosseln zu wollen. Beinahe erinnerte der Landesvater aus Pulheim gestern an den Oppositionsführer und Defensivkünstler Rüttgers – oder an Johannes Rau, auf den er sich bei seiner Jahresvorschau in der Staatskanzlei wie in fast jeder Rede wieder einmal positiv bezog.
KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER
Nicht nur in Stilfragen scheint Rüttgers‘ schwarz-gelbe Landesregierung 2007 auf Ruhe zu setzen. Noch geschafft vom harten Pensum des Vorjahres, verzichtet das Kabinett auf allzu umstrittene Gesetzespläne und gönnt sich in der Mitte der Legislaturperiode ein Sabbatjahr. 2005/2006 brachte die Koalition ihre Symbolthemen Studiengebühren und Sparhaushalt durch das Parlament. 2007 erwartet die Bürger ein Wohlfühlprogramm aus Bildungsförderung, Verkehrsinvestitionen und Musikunterricht für kleine Ruhrgebietskinder. Themen wie der Personalabbau in der Landesverwaltung dürften der Mehrheit der Bevölkerung ebenfalls gefallen. „Personaleinsatzmanagement“ mag ein Horrorwort für Verdi-Gewerkschaftsfunktionäre sein – als Mobilisierung für breiten sozialen Widerstand taugen die Stellenkürzungen wohl kaum.
Ob die organisierte Langeweile der Düsseldorfer Regierung politisch nützt, ist offen – und hängt entscheidend vom weiteren Verlauf der Bundespolitik ab. Setzt sich der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland fort und konsolidiert sich die große Koalition im Jahr der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, dürfte die NRW-Koalition zu den Nutznießern der relativen Stabilisierung zählen. Scheitert die große Koalition an einem ihrer Reformprojekte und bricht die Konjunktur ein, könnte sich die NRW-Wählerschaft am Ende des Jahres fragen: Was hat der Rüttgers eigentlich 2007 gemacht?